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Neuroanatomie: Gehirn ist besser geschützt als bislang gedacht

Forschende haben im Gehirn von Mäusen und Menschen überraschend eine vierte Hirnhaut entdeckt. Sie könnte eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr spielen.
Eine offene Walnuss
Auch eine Walnuss liegt wie das Gehirn geschützt innerhalb der harten Schale und ist zusätzlich von einer weiteren dünnen Schicht umgeben.

Das Gehirn wird von drei dicht aneinanderliegenden Hirnhäuten, fachsprachlich Meningen genannt, geschützt: Dura mater, Arachnoidea und Pia mater. Zwischen Letzteren befindet sich der Subarachnoidalraum, der zerebrospinale Flüssigkeit (Liquor) enthält. So zumindest steht es im Lehrbuch. Nun hat ein Team um Kjeld Møllgård von der Universität Kopenhagen und Maiken Nedergaard von der University of Rochester bei Experimenten an Mäusen eine vierte Schutzschicht entdeckt, die den Subarachnoidalraum durchzieht. Das berichtet es im Fachmagazin »Science«.

Die Gruppe wollte ursprünglich untersuchen, wie sich der Liquor durch die Hirnhäute und ihre Zwischenräume bewegt. Dafür versetzte sie die Hirnflüssigkeit von lebenden Mäusen mit einem Fluoreszenzmarker und folgte mittels Zwei-Photonen-Mikroskopie ihrem Weg. Mit einer weiteren Methode machten die Forscher Kollagenfasern sichtbar. Beides sind Komponenten der bislang bekannten Meningen. Allerdings fanden die Fachleute die Bestandteile auch zwischen der auf der Hirnrinde liegenden Pia mater und der Arachnoidea. Die neu entdeckte »subarachnoid lymphatic-like membrane« (SLYM) unterteilt den Subarachnoidalraum, der das Gehirn polstert und als eine Art Müllabfuhr fungiert.

SLYM | Die neu entdeckte vierte Hirnhaut (grün) liegt zwischen der Arachnoidea und der Pia mater. SLYM ist eine Abkürzung für Subarachnoidal Lymphatic-like Membrane.

Wie sich ferner zeigte, ist die SLYM für die meisten Proteine undurchlässig, etwa für die mit Alzheimer assoziierten Beta-Amyloide. Die vierte Hirnhaut könnte daher möglicherweise »sauberen« und »verschmutzten« Liquor voneinander trennen und somit eine wichtige Rolle für das lymphatische System im Gehirn spielen. Per Christian Eide, Neurochirurg an der Universität Oslo, bezeichnet die Studie als bahnbrechend. »Der Transport von Liquor im Subarachnoidalraum scheint besser organisiert zu sein, als wir bisher dachten«, sagt er. Doch das ist wohl nicht die einzige Funktion der Struktur, die dünn wie eine Seidenfaser ist: Sie enthält darüber hinaus Immunzellen. Zudem dient die SLYM vermutlich als Gleitschicht, um die Reibung zwischen Schädel und Hirn zu vermindern.

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