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Neuroplastizität: Die Reparaturzentrale

Schäden im Gehirn sind fatal, doch zum Glück kann sich unser Denkorgan selbst helfen. Der Prozess der Neuroplastizität ermöglicht es Nervenzellen, sich neu zu organisieren und geschädigte Funktionen zu kompensieren. Doch es gibt auch Grenzen.
Illustration eines menschlichen Gehirns
Ein menschliches Gehirn besitzt etwa 85 Milliarden Nervenzellen (Neurone). Ein Neuron kommuniziert über Synapsen mit etwa 10 000 anderen Nervenzellen.

1,9 Millionen Nervenzellen gehen mit jeder Minute, die nach einem Schlaganfall verstreicht, zu Grunde. »Time is brain«, sagen Neurologen deshalb. Zeit ist Hirn. Der Körper befindet sich dabei im Ausnahmezustand: Ein Schaden in der Steuerzentrale? Fatal! Gehen, schreiben, sich artikulieren? Manche selbstverständliche Dinge sind dann kaum mehr möglich.

Alle drei Minuten erleidet irgendwo in Deutschland ein Mensch einen Schlaganfall. Ursache kann eine Hirnblutung oder ein Hirninfarkt sein, bei dem ein Blutgefäß durch ein Gerinnsel verstopft wird und das Gehirnareal dahinter von der Sauerstoffversorgung abschneidet. Der Schlaganfall ist in Deutschland nach Herzproblemen die zweithäufigste Todesursache und bei Erwachsenen der häufigste Grund für eine bleibende Behinderung. Ein Drittel der Betroffenen ist in den ersten drei Monaten nach einem Hirninfarkt auf Pflege angewiesen, ein Viertel bleibt für immer pflegebedürftig.

Doch viele Betroffene erholen sich auch. Sie können bald wieder gehen oder lernen das Sprechen neu. Und das, obwohl das betroffene Hirnareal womöglich weiterhin geschädigt ist. Wie ist das möglich? Verantwortlich dafür ist im Grunde der gleiche Prozess, der uns schon in der Kindheit neue Dinge lernen lässt: Neuroplastizität. So lautet das Fachwort für die Fähigkeit des Gehirns, sich immer wieder neu zu organisieren und das komplexe Netzwerk aus Nervenzellen veränderten Gegebenheiten dynamisch anzupassen. Erstmals entdeckten US-amerikanische Forschende das Phänomen im Tierversuch. Sie stellten fest, dass sich die Hirnstruktur von Ratten und Mäusen verändert, wenn die Tiere Spielmöglichkeiten in ihrem Käfig haben.

Bis vor wenigen Jahrzehnten nahm man an, dass im Gehirn erwachsener Menschen nicht mehr viel passiert. Dass Schäden im zentralen Nervensystem irreversibel sind. Dass bestimmte Hirnareale jeweils eine feste Funktion haben, die unwiederbringlich verloren geht, sobald sie geschädigt sind. Heute ist klar: Mancher Defekt verheilt gut und viele verloren geglaubte Funktionen kommen zurück. Und zwar, weil das Gehirn Ausfälle ausgleichen kann und sich die neuronalen Netze im Kopf ständig neu verschalten.

»Auf Grund seiner Komplexität und weil sich Nervenzellen nur sehr eingeschränkt neu bilden, ist das Gehirn mit begrenzten Selbstheilungskräften ausgestattet«, sagt Christian Grefkes-Hermann, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Frankfurt. »Doch unser Gehirn kann ein Leben lang neue Inhalte abspeichern oder unbekannte Bewegungen erlernen. Deshalb sind Nervenzellen es gewohnt, sich ständig neu zu vernetzen.« Diese Fähigkeit der Plastizität ist nach einem Schlaganfall oder einem Unfall Gold wert. Schon Stunden später beginnen die überlebenden Nervenzellen, sich anders zu verknüpfen. Sie bilden Fortsätze, Axone genannt, die aussprießen und sich über Synapsen mit anderen Nervenzellen verbinden. »Man muss sich das Gehirn vorstellen wie ein Netzwerk aus Kabeln«, erklärt Christian Grefkes-Hermann. »Geht eins davon kaputt, bilden Ersatzkabel Umgehungskreisläufe.«

Kompensation einer fehlenden Hirnhälfte

Ausgerechnet eine Hirnschädigung versetzt das Organ in einen höchst formbaren Zustand. Während die Hirnrinde zunächst weniger aktiv ist, steigt die Erregbarkeit vor allem in bestimmten Regionen, die an der Neuorganisation der geschädigten Gebiete beteiligt sind. Dabei findet die Reorganisation meist in Arealen statt, die entweder ähnliche Aufgaben erfüllen wie der geschädigte Bereich oder in räumlicher Nähe dazu liegen. Wird zum Beispiel durch einen Schlaganfall ein Areal geschädigt, das die Hand steuert, können Nervenzellen aus den angrenzenden Arealen die verloren gegangenen Funktionen übernehmen. Das könnte etwa der Teil des sensorischen Kortex sein, der Sinnesreize aus der Hand verarbeitet, oder aber motorische Regionen, die die Rumpfmuskulatur oder die Bewegung der Beine koordinieren.

Ist ein Hirnschaden relativ klein, kann das Gehirn ihn durch die neue Verkabelung meist recht gut aus eigener Kraft beheben. Bei größeren Läsionen, die weite Teile einer Hirnhälfte betreffen, ist das allerdings nicht mehr möglich, da es keine direkt benachbarten oder funktionell verwandten Schaltkreise mehr gibt. In dem Fall kann das Gehirn aber womöglich auf die andere, noch gesunde Hirnhälfte zurückgreifen. Dorit Klieman vom California Institute of Technology (Caltech) konnte mit anderen Forschenden zeigen, dass in jungen Jahren sogar der Verlust einer kompletten Hirnhälfte kompensiert werden kann. Sie untersuchten mit MRTs das Gehirn von Erwachsenen, denen in der Kindheit im Alter von drei Monaten bis elf Jahren auf Grund einer schweren Epilepsie eine Hemisphäre entfernt worden war. Die Aufnahmen zeigten, dass die Nervenverbindungen in bestimmten Arealen, die nun Funktionen wie Sehen, Sprechen und Bewegung kontrollierten, den Mustern von Personen mit zwei Hirnhälften ähnelten. Die Neurowissenschaftler sahen zudem, dass die Verbindungen zwischen verschiedenen Netzwerken außergewöhnlich stark waren. Womöglich gleicht das Gehirn so den Ausfall der einen Hirnhälfte aus.

»Der Verfall verläuft so langsam, dass andere Hirnregionen die Verluste immer wieder ausgleichen und die Erkrankung lange nicht auffällt«Christian Grefkes-Hermann, Neurologe

Diese Art der Kompensation ist erstaunlich – wieso aber gibt es Patientinnen und Patienten, die nach einer Hirnschädigung bestimmte Fähigkeiten nicht mehr wieder erlernen, weil das Gehirn den Verlust dieser Nervenzellen nicht ausgleichen kann? Wie gut eine Funktion von anderen Regionen übernommen werden kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab: dem Ausmaß der Verletzung, dem Ort des Geschehens und dem zeitlichen Verlauf von Schädigung und Reha. Kleine Schäden könne das Gehirn vor allem dann kompensieren, wenn sie langsam auftreten, berichtet Christian Grefkes-Hermann. Das zeige sich an neurodegenerativen Krankheiten wie Parkinson, bei denen Nervenzellen schleichend absterben. »Der Verfall verläuft so langsam, dass andere Hirnregionen die Verluste immer wieder ausgleichen und die Erkrankung lange nicht auffällt«, so der Neurologe. »Erst wenn die Anpassungsfähigkeit des Nervensystems nach Jahren oder Jahrzehnten ausgeschöpft ist, bemerken Patienten Symptome.«

Christian Grefkes-Hermann erforscht am Schlaganfall, wie das Gehirn sich anpasst. Der 46-Jährige, der auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) ist, hält die Neuorganisation von Nervenzellen für die wichtigste Reparaturstrategie des Gehirns. Zwar sei seit einigen Jahren klar, dass sich auch bei Erwachsenen neue Nervenzellen bilden können. »Die adulte Neurogenese ist aber viel zu gering, um den Verlust von Millionen Nervenzellen nach einem Schlaganfall ausgleichen zu können.«

Die Nervenzellen müssen gut vernetzt sein, damit ein Gehirn funktionieren kann. »Jedes Neuron hat etliche, teils tausende Verknüpfungen zu anderen Neuronen«, erklärt Christian Grefkes-Hermann. So müsse sich etwa eine Nervenzelle in der motorischen Hirnrinde mit einer anderen im Rückenmark vernetzen, damit koordinierte Bewegungen möglich sind. Aus Neurologensicht »eine irre weite Strecke«. Daher hält der Frankfurter Arzt auch »aktuell eher wenig« von der Idee, zerstörtes Hirngewebe durch Stammzellen zu ersetzen.

Es dauert schließlich viele Jahre, bis das Gehirn eines Menschen fertig entwickelt ist. »Ein Baby«, erklärt der Neurowissenschaftler, »kann zum Zeitpunkt der Geburt erst mal sehr wenig.« Lerne es dann, sich umzudrehen, zu krabbeln und die ersten Worte zu brabbeln, sei das vor allem ein Ausdruck der Hirnentwicklung. Es zeige, dass Hirnregionen aktiviert und neue Nervenbahnen geknüpft worden seien. »Diese langwierige Reifung des Gehirns kann man im Fall einer plötzlichen Hirnschädigung leider nicht in wenigen Monaten imitieren«, sagt er.

Wie Magnete oder intelligente Orthesen die Heilung unterstützen

Der Neurologe und sein Team setzen auf ein technologisches Verfahren, um die Reparatur des Gehirns nach einem Schlaganfall oder einer Hirnblutung zu unterstützen: die Stimulation mit Magnetfeldern. Das magnetische Feld einer Magnetspule bewirkt im Nervensystem einen Stromfluss. Damit lassen sich ausgewählte Areale aktivieren oder hemmen, was die Hirnregeneration in die richtigen Bahnen lenkt. Denn manchmal reagiert das Gehirn falsch auf einen Defekt: »Wir haben herausgefunden, dass es nach einem Schaden auch zu fehlgeleiteten Neuorganisationen kommen kann, bei denen sich Hirnregionen falsch vernetzen oder überaktiv werden und die Wiederherstellung der Funktion sogar stören«, so Christian Grefkes-Hermann.

»Wir sehen selbst bei Menschen, die jahrzehntelang motorisch eingeschränkt waren, teilweise enorme Effekte«Christian Grefkes-Hermann, Neurologe

Zeigt die motorische Hirnrinde einer Hirnhälfte bei einer Lähmung der Hand zum Beispiel wenig Aktivität, führt das manchmal dazu, dass die motorische Hirnrinde der anderen Hemisphäre überaktiv wird. Dies kann die geschädigte Seite hemmen. »Bremsen wir die überaktive Hirnregion mittels Magnetstimulation, kann der Patient die gelähmte Hand besser bewegen«, berichtet der Frankfurter Neurologe. Umgekehrt lassen sich Areale, die den Schaden erfolgreich kompensieren, per Magnetstimulation aktivieren, so dass die Neuorganisation besser gelingt.

Transkranielle Hirnstimulation | Nervenzellen im Gehirn lassen sich mit transkranieller Hirnstimulation (TMS) anregen. Eine Spule sendet dabei ein starkes, gepulstes Magnetfeld durch Haut und Knochen ins Gehirn, erreicht aber nur die oberflächennahen Bereiche der Hirnrinde. In den Neuronen des Zielgebiets erzeugt das Feld elektrische Ströme und verändert so ihre Aktivität.

Noch fehlen die ganz großen Studien. »Doch wir sehen selbst bei Menschen, die jahrzehntelang motorisch eingeschränkt waren, teilweise enorme Effekte«, sagt Christian Grefkes-Hermann. Das klingt tatsächlich viel versprechend. Allerdings würden vor allem in der ersten Woche nach dem Schlaganfall die Prozesse im Kopf so umgestaltet werden, dass sie auf Lernen ausgerichtet sind – ein Zustand, den die Therapie laut dem Neurologen nicht verstreichen lassen sollte. Christian Grefkes-Hermann ist überzeugt davon, dass die Reha deshalb bereits am ersten Tag nach einem Schlaganfall beginnen sollte.

Zum richtigen Startzeitpunkt für Therapiemaßnahmen gibt es allerdings unterschiedliche Ansichten. Die Neurowissenschaftlerin Anna-Sophia Wahl vom Brain Research Institute der Universität Zürich hat gemeinsam mit anderen Forschenden unterschiedliche Therapieansätze bei Ratten nach einem Schlaganfall untersucht. Diejenigen Nager, die unmittelbar nach dem Hirnschlag sowohl wachstumsfördernde Antikörper als auch ein Bewegungstraining erhielten, erholten sich nur schwer. Jene Ratten hingegen, die zunächst bloß die stimulierenden Stoffe bekamen und erst nach zwei Wochen mit dem Training begannen, wurden wieder vollständig gesund. Anna-Sophie Wahl ist der Meinung, dass sich das Nervengewebe von Schlaganfallpatientinnen und -patienten in der sehr frühen Phase lieber erst mal selbst reorganisieren sollte. »Man kann das lediglich mit spezifischen wachstumsfördernden Substanzen unterstützen, sollte aber noch nicht mit einem ausführlichen Bewegungstraining beginnen«, so Anna-Sophia Wahl.

Dass eine zu frühe Reha die Heilung eher stört, hat auch die Neurologin Julie Bernhardt vom Florey Department of Neuroscience and Mental Health der University of Melbourne in einer groß angelegten Studie gezeigt. Von 2000 Schlaganfallpatienten und -patientinnen aus fünf verschiedenen Ländern erholten sich diejenigen, die innerhalb von 24 Stunden nach dem Hirnschlag mit einem intensiven Bewegungstraining begannen, deutlich schlechter, entwickelten eher Komplikationen und starben mit einer größeren Wahrscheinlichkeit als die, die ein übliches Rehaprogramm absolvierten. Zu lange warten sollte man mit den unterstützenden Maßnahmen allerdings auch nicht: »Die stärkste Dynamik hat die Erholung des Gehirns in den ersten drei bis sechs Monaten«, so Christian Grefkes-Hermann. »Danach sprechen wir von einem chronischen Defizit.« Die kritische Phase der ersten Monate stellt deshalb einen guten Zeitraum für die Therapie dar.

Am Universitätsklinikum Tübingen versucht ein Team am Institut für Neuromodulation und Neurotechnologie, die Neuroplastizität mit intelligenten Orthesen zu unterstützen. Sie sollen etwa Menschen mit gelähmten Händen helfen. Ausgelöst durch die versuchte oder nur vorgestellte Bewegung werden Hirnimpulse an die Orthese übertragen, die dann die gelähmten Finger öffnet. Durch die passive Bewegung entsteht eine Feedback-Schleife zurück zum Gehirn, die diesem hilft, sich neu zu organisieren und die Koordination der Hand wieder selbst zu lernen.

Aktives Training und äußere Reize

Das Problem, wenn man an Hirnen forscht: Es geht nur schleppend voran. Denn mit Tierhirnen lässt sich das menschliche kaum vergleichen und Versuche an Menschen sind zu Recht mit Einschränkungen verbunden. Hinzu kommt, dass jeder Schlaganfall anders ist und – warum auch immer – nicht alle Schlaganfallpatientinnen und -patienten gleich gut auf Behandlungen wie etwa eine Magnetstimulation reagieren. »Damit ist auch die Neurologie in einem Zeitalter der personalisierten Medizin angekommen«, sagt Christian Grefkes-Hermann. Ziel sei es, in Zukunft schon vor der Therapie zu wissen, von welchen Maßnahmen ein Betroffener besonders profitieren wird.

Sich einfach eine Magnetspule an den Kopf zu halten, reicht allerdings nicht aus, um sich von einem Schlaganfall zu erholen. Die Stimulation von außen regt das Hirn zwar an und versetzt es in einen Lernmodus. Neue Verknüpfungen entstehen aber nur, wenn die verloren gegangenen Fähigkeiten immer wieder geübt werden. »Neuroplastizität ist kein passiver Zustand«, erklärt DGKN-Präsident Grefkes-Hermann. »Das Gehirn braucht äußere Reize, damit es Wachstumsfaktoren ausschüttet und eine zielgerichtete Reorganisation der Faserbahnen stattfinden kann.« Die Reha der Zukunft könnte deshalb vielleicht so aussehen, dass vor jeder Physiotherapie- oder Logopädieeinheit eine drei- bis zehnminütige Magnetstimulation steht, um die Patientin oder den Patienten in einen lernfähigen Zustand zu versetzen. Danach, so die Hoffnung, kann das Training besser wirken. Auch Erholungsphasen sind dabei wichtig, denn guter Schlaf verbessert die Neuroplastizität ebenfalls – und damit den Rehabilitationserfolg.

Die Nebenwirkungen der Magnetstimulation scheinen überschaubar. Manche spüren ein Kribbeln, einige ein Pochen, andere bekommen Kopfschmerzen. Wer zu Migräne oder Epilepsie neigt, sollte wissen, dass die Behandlung Anfälle auslösen kann. Wenngleich das eher tolerierbare Seiteneffekte sind und der Großteil der Menschen die Therapie gut verträgt, darf die Magnetspule nicht leichtfertig zum Einsatz kommen. »Wir sind davon überzeugt, dass man die Stimulation richtig machen muss – zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle«, sagt Christian Grefkes-Hermann. Dafür müsse man idealerweise zuvor herausfinden, in welchem Zustand das Gehirn gerade sei. »Einen Tag nach einem Schlaganfall sieht das Gehirn nämlich ganz anders aus als nach einer Woche oder einem Jahr.«

Einem Jahr, in dem das verletzte Gehirn hoffentlich viele Zellen neu miteinander verknüpft und die meisten Fähigkeiten wiedererlangt hat. Mit dem Älterwerden sinkt die Neuroplastizität, doch die gute Nachricht ist: Wer sein Leben lang immer wieder Neues lernt, hält sein Gehirn flexibel. Übt jemand zum Beispiel, Geige zu spielen, verändern sich messbar Bereiche in seinem Gehirn, die für die Fingermotorik zuständig sind.

Bereits im Jahr 2000 erstaunte die Studie von Forschenden am University College London, die das Gedächtnis von Taxifahrern untersucht hatten. Während der Ausbildung, in der die Fahrer viele Straßennamen und Wege in der britischen Hauptstadt auswendig lernten, wuchs die graue Substanz in ihrem Hippocampus. In der Kontrollgruppe, die nicht so viel zu lernen hatte, blieb das Gedächtniszentrum gleich groß. Neun Jahre später ergaben Versuche mit Affen einen ähnlichen Effekt auf deren graue Hirnmasse. Doch es konnte auch gezeigt werden, dass das Volumen wieder etwas zurückgeht, wenn das Wissen einmal gefestigt ist. Damit ist klar: Lebenslanges Lernen ist für das Gehirn normal. Und birgt ein Riesenpotenzial für die Rehabilitation nach Schäden.

Heute, 23 Jahre nach der Taxifahrerstudie, haben wir dank künstlicher Intelligenz die technischen Möglichkeiten, die Komplexität unseres Gehirns besser zu erfassen, so Christian Grefkes-Hermann: »Jetzt müssen wir die verschiedenen Werkzeuge noch zusammenführen und das Beste für unsere Patienten rausholen.«

Wie man einen Schlaganfall erkennt

Mit dem »FAST«-Test können selbst Laien prüfen, ob eine Person möglicherweise einen Schlaganfall hat. Die Buchstaben stehen für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit):

  • Face: Bitten Sie die Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab? Dann deutet das auf eine Halbseitenlähmung und damit einen Schlaganfall hin.
  • Arms: Bitten Sie die Person, bei nach oben gedrehten Handflächen beide Arme nach vorn zu strecken. Ein Arm sinkt hinab oder dreht sich? Das ist ein Anzeichen für einen Schlaganfall.
  • Speech: Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Gelingt das nicht oder klingt die Stimme verwaschen? Eine Sprachstörung ist ein Schlaganfall-Symptom.
  • Time: Verlieren Sie keine Zeit und rufen Sie als Erstes den Notarzt (112). Dann widmen Sie sich der betroffenen Person und versuchen, erste Hilfe zu leisten.

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