Paarungsverhalten: Kraken machen Partnerin mit Nervengift gefügig

Männliche Blaugestreifte Kraken (Hapalochlaena fasciata) injizieren während der Paarung gezielt kleine Mengen eines tödlichen Neurotoxins in die Aorta ihrer Partnerinnen. Das macht die Weibchen bewegungsunfähig und hindert sie daran, die Männchen zu verschlingen, wie ein Team um Wen-Sung Chung von der University of Queensland im Fachmagazin »Current Biology« berichtet.
Ebenso wie zahlreiche andere Spezies nutzt Hapalochlaena fasciata die Substanz Tetrodotoxin, um Beutetiere zu lähmen und Angreifer abzuwehren. Die Kraken produzieren das Gift mit Hilfe von symbiotischen Bakterien in ihren hinteren Speicheldrüsen. Bei Experimenten im Labor beobachteten die Fachleute, dass die Männchen das Toxin auch für die Paarung nutzen. Die weiblichen Tiere sind etwa doppelt so groß wie ihre männlichen Artgenossen. Zudem sind sie durch die extrem lange Brutpflege oft ausgehungert, weshalb ihre Partner Gefahr laufen, aufgefressen zu werden.
Wie das Team feststellte, umschlingen die Männchen die Partnerinnen von hinten mit ihren Armen. Kurz darauf sinkt die Atemfrequenz der Weibchen, um nach etwa acht Minuten ganz zum Erliegen zu kommen. Die Körperfarbe verblasst, die Pupillen verengen sich und reagieren nicht mehr auf helle Lichtblitze. Nach Ende der Kopulation (die im Schnitt eine Stunde dauert) erlangen sie die Kontrolle über ihre Arme wieder und stoßen die Männchen von sich weg. Am Hinterkopf sind derweil ein oder zwei geschwollene »Höcker« mit einer Hautwunde entstanden – und zwar exakt dort, wo die Aorta liegt. Das nehmen die Forscher als Beweis, dass die Männchen die Weibchen über einen gezielten Biss vergiften.
Allerdings sterben die weiblichen Tiere offenbar nicht an dem Toxin. Wahrscheinlich weisen sie eine gewisse Resistenz dagegen auf, glauben die Autoren. Die Fähigkeit, Tetrodotoxin zu widerstehen, hatten Fachleute zuvor bereits bei dem eng verwandten Blaugeringelten Kraken Hapalochlaena lunulata nachgewiesen.
Kraken, bei denen die Geschlechter sich in ihrer Größe stark unterscheiden, nutzen ganz unterschiedliche Strategien, um dem Kannibalismus zu entgehen. So löst sich bei den Männchen der Papierboote (Argonauta) der Begattungsarm samt Samenpaketen vom Körper ab, um aus eigener Kraft zum Weibchen zu schwimmen. Andere Spezies halten die Partnerin mit einem verlängerten Arm auf Distanz. Weil die männlichen Vertreter des Blaugestreiften Kraken nicht über solche anatomischen Besonderheiten verfügen, greifen sie auf ihr Gift zurück, so die Vermutung der Fachleute.
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