Neurowissenschaft: Das Mikrobiom des Gehirns

2015 war Nikki Schultek in Topform. Die junge Mutter von zwei kleinen Jungen hatte gerade erst einen Halbmarathon absolviert. Doch kurze Zeit später befiel sie eine mysteriöse Krankheit. Ihr Asthma, das sie zuvor mit Medikamenten gut im Griff gehabt hatte, wurde immer stärker. In den folgenden Monaten litt sie zunehmend unter chronischen Schmerzen, Verdauungsproblemen und Herzrhythmusstörungen. Schließlich folgten Anzeichen von kognitivem Abbau, »Brain Fog« (»Gehirnnebel«) sowie Gedächtnislücken. »Das war der Tiefpunkt«, erinnert sich Schultek. »Ich fing an zu überlegen, wie es mit meinen Kindern weitergehen sollte und was ich ihnen sagen wollte, falls sich mein Zustand weiterhin verschlechtern sollte.«
Schultek erhielt verschiedene Diagnosen für ihre individuellen Probleme, aber keine passte vollständig zu allen Symptomen. Schließlich vermutete ein Arzt, eine unentdeckte Infektion könnte hinter ihren chronischen Schmerzen und Atembeschwerden stecken. Sie wurde positiv auf Borrelia burgdorferi und Chlamydia pneumoniae getestet und bekam einen Antibiotikacocktail dagegen verschrieben. Mit durchschlagendem Erfolg: Alle ihre Symptome gingen nach dessen Einnahme zurück – einschließlich des Gehirnnebels und der Gedächtnisstörungen.
Mittlerweile hat Schultek eine Forschungsgruppe gegründet, um die Rolle von Infektionen bei kognitiven Beeinträchtigungen zu untersuchen. Früher hätte die Idee als abwegig gegolten, inzwischen aber wächst das Interesse an der Mikrobengemeinschaft im Gehirn rasant an. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass es in der grauen Substanz von Bakterien, Viren und Pilzen oft nur so wimmelt. Würde man dieses spezielle Mikrobiom besser verstehen, könnten sich daraus Möglichkeiten ergeben, neurodegenerative Erkrankungen zu verhindern. Bestenfalls ließen sich Anzeichen des Verfalls sogar rückgängig machen, wie Schultek herausfand. Besonders vielversprechend ist, dass einige Behandlungsmethoden bereits nachweislich erfolgreich sind, zum Beispiel Antibiotika und bestimmte gängige Impfstoffe.
Einflussreiche Bewohner des Körpers
Das aufkeimende Interesse am Mikrobiom des Gehirns baut auf jahrzehntelanger Forschung auf, die zu den verschiedenen mikrobiellen Gemeinschaften in und auf unserem Körper durchgeführt wurde. »In den letzten 20 Jahren hat man erkannt, dass Mikroben überall sind«, sagt der Molekularbiologe Richard Lathe von der University of Edinburgh in Schottland. Zunächst zeigte sich, wie wichtig das Darmökosystem für die Gesundheit ist. Dann stellte sich heraus, dass die mikrobiellen Bewohner unseres Körpers mitunter die Funktion vieler anderer Organe beeinflussen – und nicht immer zum Guten. Einige können beispielsweise für die Plaques verantwortlich sein, die sich in Arterien ablagern und zu Herzerkrankungen führen. Neue Erkenntnisse deuten sogar darauf hin, dass Bakteriengemeinschaften am Tumorwachstum beteiligt sind.
Noch bis vor Kurzem erschien die Vorstellung eines Mikrobioms im Gehirn allerdings weit hergeholt. Unser zentrales Nervensystem wird durch die Blut-Hirn-Schranke geschützt, die alles herausfiltern soll, was unsere Neurone schädigen könnte. Darüber hinaus verfügt das Gehirn über eigene Abwehrzellen namens Mikroglia (siehe Artikel »Demenz durch Immunzellen« ), die Eindringlinge bekämpfen. Zwar war bekannt, dass einige Viren und Bakterien diese Festung durchdringen und eine schwere Krankheit wie Gehirnentzündung verursachen können. Aber man nahm an, eine solche Infiltration würde nur selten vorkommen. Es schien unvorstellbar, dass das Gehirn eine ganze Population verschiedener Mikroorganismen beherbergen könnte.
Noch bis vor Kurzem erschien die Vorstellung eines Mikrobioms im Gehirn weit hergeholt
Entsprechend schockiert war Christopher Link von der University of Colorado Boulder in den USA, als vor einigen Jahren ein Doktorand ihm gegenüber diese Möglichkeit erwähnte. »Ich habe ihn unterbrochen und zurechtgewiesen«, erinnert sich Link. Im Anschluss beschloss er jedoch, sich die Fachliteratur genauer anzuschauen. Zwar konzentrierten sich die meisten Studien eher auf Demenz als auf das Gehirnmikrobiom im Allgemeinen, dennoch musste Link feststellen, dass die Beweislage für dessen Existenz bereits viel größer war, als er angenommen hatte.
Bereits in den frühen 1990er Jahren hatte Ruth Itzhaki, damals an der University of Manchester in Großbritannien, die Gene in Gehirnproben von verstorbenen Alzheimerpatienten sequenziert. Itzhaki und ihre Kollegen stellten fest, dass das Gewebe häufig mit dem Herpes-simplex-Virus HSV1 durchsetzt war – dem Erreger von Fieberbläschen. Dies war offenbar kein Einzelfall. Denn weitere Untersuchungen zeigten, dass Porphyromonas gingivalis Y – ein Bakterium, das Zahnfleischerkrankungen verursacht – ebenfalls oft im Gehirn von Menschen vorkam, die an Demenz gestorben waren.
Solche Erkenntnisse stießen zunächst auf Skepsis. Manche Fachleute vermuteten, die entdeckten Mikroben seien auf eine Kontamination der Proben im Labor zurückzuführen. Andere wiederum mutmaßten, dass sie erst in den späten Stadien der Demenz in das Gehirn gelangt sein könnten – als Folge des schlechten Gesundheitszustands der Betroffenen.
Im Jahr 2010 bekamen solche Zweifel jedoch Risse. Damals inspizierten der 2019 verstorbene Mikrobiologe Robert Moir von der Harvard Medical School in Boston und seine Kollegen die für Alzheimer charakteristischen Beta-Amyloid-Plaques. Diese klebrigen Proteinbündel sind für Neurone toxisch und wurden lange Zeit als Hauptverursacher der Krankheit angesehen. Die Forschung des Teams ergab allerdings, dass die Plaques eine unerwartete nützliche Aufgabe haben. »Ihr Job ist es, Krankheitserreger abzufangen und zu töten«, sagt Lathe. »Sie verteidigen das Gehirn.« Zudem kommt Beta-Amyloid auch bei Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren vor. Das deutet darauf hin, dass eindringende Krankheitserreger während langer Abschnitte der Evolutionsgeschichte eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit des Gehirns darstellten. Darüber hinaus legten diese Entdeckungen einen offensichtlichen Mechanismus nahe, wie Mikroben bei der Entstehung von Demenz beteiligt sein könnten. »Das war ein Wendepunkt«, sagt Lathe.
»Bekannte menschliche Krankheitserreger wie die Bakterien Staphylococcus und Streptococcus sowie die Pilze Cryptococcus und Candida sind im Gehirn von Alzheimerpatienten überrepräsentiert«Richard Lathe, Molekularbiologe
Wegen der sich häufenden Hinweise vermutet er heute, dass Demenz durch Mikroben im Gehirn entstehen kann. In jüngeren Jahren verhindert unser Immunsystem, dass zu viele solche Organismen ins Nervengewebe gelangen. Mit zunehmendem Alter wird die Abwehr im Zuge der so genannten Immunoseneszenz jedoch immer schwächer. Einige Mikroben sind nun in der Lage, die Verteidigungslinie zu durchbrechen. Tatsächlich könnten die Beta-Amyloid-Ablagerungen im alternden Gehirn ein Zeichen dafür sein, dass das Organ weiterhin versucht, diese Organismen in Schach zu halten. Sobald sich die Plaques gebildet haben, schädigen sie jedoch möglicherweise das umliegende Gewebe und führen darüber zu einem anhaltenden kognitiven Verfall. Der Erklärungsansatz ist umstritten, aber Link möchte ihn weiterverfolgen: »Vielleicht gibt es eben schon vor der Erkrankung eine Art ständige Herausforderung durch Mikroben, die in das Gehirn eindringen.«
Bis jetzt ist noch unklar, wie all diese Wesen ins Gehirn gelangen. Laut Lathe sind mehrere Möglichkeiten denkbar. Manche Organismen könnten beispielsweise unsere eigenen Immunzellen als trojanisches Pferd nutzen. »Sie könnten Makrophagen infizieren, die direkt ins Gehirn eindringen« sagt Lathe. Andere wiederum produzieren vielleicht Enzyme, mit deren Hilfe sie sich durch kleine Lücken in der Blut-Hirn-Schranke quetschen. Oder sie nutzen die wenigen direkten Zugänge zu unserem Zentralnervensystem, indem sie entlang der Nerven von Nase und Mund dort hinwandern. Bislang weiß man noch nicht, ob einige der Bewohner dem Gehirn nutzen. So wie manche Mikroben dem Darm bei der Verdauung helfen, unterstützen vielleicht andere das Gehirn beim Denken. Link und Lathe sind dieser Vorstellung gegenüber aufgeschlossen. »Es liegt nicht auf der Hand, ist aber auch nicht unmöglich«, sagt Link.
Spielt das Mikrobiom bei Demenz eine Rolle?
Um sich ein umfassenderes Bild zu machen, hat ein Team um Lathe 2023 die Zusammensetzung des Gehirnmikrobioms von Menschen mit und ohne Demenz analysiert. Dazu untersuchte es das genetische Material von 79 Gewebeproben aus Hirnbanken in Großbritannien und in den USA. Die Analyse ergab eine bemerkenswerte Vielfalt an Organismen mit bis zu 100 000 Arten per Probe. Darunter fanden sich nicht nur Viren, Bakterien und Pilze, sondern einmal sogar die Überreste eines pflanzen- oder algenähnlichen Organismus. Allerdings räumte die Gruppe ein, dass dieser auch von Pollen stammen könnte, die irgendwie in das Gehirn gelangt waren. Interessanterweise stellte das Mikrobiom des Gehirns eine Teilmenge der im Darm gefundenen Mikroben dar – es repräsentierte etwa 20 Prozent der dort vorhandenen Arten.
Bakterien im gesunden Fischhirn
In einer 2024 veröffentlichten Studie wies ein Team um Amir Mani Vernoosfaderani und Irene Salinas von der University of New Mexico erstmal ein Bakterienmikrobiom in gesunden Wirbeltiergehirnen nach: genau gesagt in Fischen wie Lachs und Forelle. Die Zusammensetzung der Mikrobengemeinschaften entspricht dabei zu rund 50 Prozent jener der jeweiligen Mikrobiome des Verdauungstrakts. Die Forscher entdeckten auch direkte Hinweise darauf, dass die Mikroben durch die Blut-Hirn-Schranke hindurch ins Zentralnervensystem gelangen. Als Nächstes wollen sie herausfinden, ob sich bei Mäusen ein ähnliches Bild zeigt.
Das wirft die Frage auf, ob einige der Mikroben in unserem Gehirn aus dem Darm stammen. Eine kürzlich an Mäusen durchgeführte Studie ergab, dass einige Krankheitserreger, darunter der Pilz Candida albicans, durch die Darmschleimhaut wandern, sich mit dem Blut fortbewegen und die schützende Membran des Gehirns durchdringen können. Solche umherstreifenden Pilze wurden jedoch hauptsächlich bei Nagern gefunden, die ein verarmtes Darmmikrobiom aufwiesen. »Die Bakterien im Darm konkurrieren (normalerweise) mit dem Pilz und verhindern, dass er in den Rest des Körpers gelangt«, sagt die Leiterin der Studie, Aimée Parker vom Quadram Institute in Norwich, Großbritannien. »Bei gesunden Menschen kommt es also nicht wirklich zu einer Umsiedlung der Pilze.« Dennoch fand das Team von Lathe heraus, dass Candida zu jener Vielzahl von Organismen unbekannter Herkunft gehörte, die bei Personen mit Demenz häufiger vorkamen als bei solchen ohne. »Bekannte Krankheitserreger für Menschen wie die Bakterien Staphylococcus und Streptococcus sowie die Pilze Cryptococcus und Candida sind im Gehirn von Alzheimerpatienten überrepräsentiert«, sagt Lathe.
Andere Forschungsarbeiten legen nahe, dass die Entstehung von Demenz eher von der Zusammensetzung des gesamten Gehirnmikrobioms abhängt als von einem einzelnen Krankheitserreger. Jeffrey Lapides und seine Kollegen vom Drexel University College of Medicine in Philadelphia, USA, untersuchten 2023 das Hirngewebe von 32 Personen, von denen die Hälfte an Alzheimer erkrankt war. Wie das Team von Lathe entdeckten sie dabei eine Vielzahl von Organismen. Sie fanden aber auch heraus, dass bestimmte Kombinationen von Mikroben mit unterschiedlichen Stadien der Krankheit zusammenhingen. Eine Gruppe von Bakterien namens Comamonas war beispielsweise bei Menschen ohne Demenz deutlich häufiger anzutreffen, während Methylobacterium und Cutibacterium acnes (das Pickel im Teenageralter verursacht) in den späteren Stadien der Alzheimerkrankheit dominierten. Über die Gründe für diese veränderte Zusammensetzung lässt sich nur spekulieren. Lapides vermutet zum Beispiel, dass die Interaktionen zwischen den verschiedenen Mikrobenarten das Gehirn zusätzlich belasten könnten. »Die chemischen Stoffe, die aus ihrem Wettstreit resultieren, könnten toxisch sein«, sagt er.
»Ich vermute, dass man bei einem erheblichen Teil der Menschen mit Demenz Hinweise auf eine anhaltende, aktive Infektion finden würde«Nikki Schultek, Gründerin der Alzheimer Pathobiome Initiative
Selbstverständlich gibt es schon lange andere Hypothesen für die Entstehung von Alzheimer. Allerdings steht die Vorstellung, dass das Mikrobiom des Gehirns dabei eine Rolle spielt, nicht unbedingt im Widerspruch zu diesen. »Ich vermute, es gibt verschiedene Faktoren, die beim Menschen Alzheimer auslösen können«, sagt Link. Selbst ein bekanntermaßen mit der Krankheit assoziiertes Gen wie APOE4 lege nicht eindeutig fest, wie sich Alzheimer bei einem betroffenen Individuum entwickelt. »Wenn man Träger von APOE4 ist, hat man ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme. Man hat aber auch Probleme mit dem Lipidtransport und eine veränderte Immunantwort.« Jeder dieser Mechanismen könnte einen separaten Weg für die Entstehung von Alzheimer darstellen, vermutet er.
Aber selbst wenn ein fehlreguliertes Gehirnmikrobiom nur einigen Fällen von Demenz zu Grunde liegt, könnte es dennoch bei anderen neurologischen Erkrankungen eine Rolle spielen. So weisen die Alpha-Synuclein-Proteine, die mit der Parkinsonkrankheit in Verbindung stehen, antimikrobielle Eigenschaften auf. »Wenn man die Proteine bei Mäusen ausschaltet, sind die Tiere anfälliger für Gehirninfektionen«, sagt Link. Wie Beta-Amyloid kann Alpha-Synuclein kurzfristig das Überleben verbessern, aber aus noch unbekannten Gründen könnte der damit zusammenhängende Prozess bei manchen Menschen außer Kontrolle geraten.
Neue Therapieoptionen
Obwohl noch viele Fragen offen sind, könnte die Entdeckung, dass Mikroben möglicherweise an neurodegenerativen Erkrankungen beteiligt sind, zu neuen Behandlungsmethoden führen. Ein naheliegender Ansatz besteht darin, den Körper vor Krankheitserregern zu schützen, die man mit Alzheimer in Verbindung bringt. Forscher des National Defense Medical Center in Taipeh, Taiwan, untersuchten beispielsweise Menschen, bei denen eine Herpes-simplex-Virusinfektion mit einem antiviralen Mittel behandelt worden war. In den nachfolgenden zehn Jahren wiesen diese Personen ein drastisch reduziertes Demenzrisiko auf.
Wieder andere Maßnahmen könnten dazu beitragen, die Abwehrkräfte des Gehirns zu stärken, so dass es besser gegen Eindringlinge geschützt ist. So unterstützt offenbar die BCG-Impfung gegen Tuberkulose das Immunsystem und verringert außerdem das Risiko vieler weiterer Infektionen für eine Dauer von bis zu einem Jahr. Vermutlich als Folge davon kann die Impfung laut Studienergebnissen die Prävalenz von Demenz um bis zu 45 Prozent senken. Mehrere andere Vakzine, darunter Grippeimpfungen und die Gürtelroseimpfung Zostavax, bieten anscheinend einen ähnlichen Schutz.
Falls Demenz tatsächlich aus einem ungünstigen Gehirnmikrobiom resultiert, wäre es vielleicht sogar möglich, die Krankheit vollständig zu heilen. Mit den derzeitigen Behandlungsmethoden ist dies undenkbar. Schulteks Genesung von ihrem raschen geistigen Verfall inspirierte sie jedenfalls dazu, nach weiteren ähnlichen Fällen zu suchen. Zusammen mit anderen Mitgliedern der von ihr gegründeten Alzheimer Pathobiome Initiative (AlzPI) fand sie Berichte über 86 Menschen, bei denen Demenz diagnostiziert worden war und die anschließend von antimikrobiellen Behandlungen profitiert hatten. Zu den verantwortlichen Krankheitserregern gehörten viele, die im Gehirnmikrobiom von Menschen mit Alzheimer überrepräsentiert sind, darunter etwa Pilze der Gattung Cryptococcus. Tatsächlich fand Schultek eine Hand voll Fälle, in denen B. burgdorferi eine Rolle spielte – das Bakterium, das mit ihrer eigenen Krankheit in Verbindung gebracht wurde. »Es war irgendwie unheimlich«, sagt Schultek. »Diese Fallberichte kamen von Klinikern aus der ganzen Welt, aber ihre Schlussfolgerungen glichen sich fast jedes Mal: Infektionstests sollten Teil der Differentialdiagnose sein.«
Den kognitiven Verfall umkehren
Schultek vermutet, dass solche Fallberichte nur einen kleinen Teil jener Personen erfassen, die auf diese Weise von einem kognitiven Verfall genesen sind. »Die meisten Ärzte, die Patienten behandeln, veröffentlichen die Ergebnisse nicht«, sagt sie. Schultek jedenfalls glaubt, dass die neurokognitiven Probleme vieler Menschen durch Mikroben im Gehirn verursacht werden, die dort nichts zu suchen haben. Leider ist es nach wie vor schwierig, das Mikrobiom des Gehirns ohne einen invasiven Eingriff zu untersuchen. Die durch eine Lumbalpunktion entnommene Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit enthält aber immerhin Spuren ihrer Bewohner. Diese ließen sich für die Diagnose verwenden. »Ich vermute, dass man bei einem erheblichen Teil der Menschen mit Demenz Hinweise auf eine anhaltende, aktive Infektion finden würde«, sagt Schultek.
Unterdessen wächst das Interesse am Mikrobiom des Gehirns weiter an. Im Juli 2024 veranstaltete die AlzPI ein eintägiges Symposium zum Thema, und die Infectious Diseases Society of America stellt inzwischen finanzielle Mittel für Alzheimerstudien zur Verfügung. Bislang steht die Verbindung zu Demenz im Fokus der Forschungsbemühungen, doch es gibt generell noch sehr viel über das Mikrobiom des Gehirns zu entdecken. »Manchmal sehen wir RNA-Sequenzen, die in keiner der Genomdatenbanken vorhanden sind«, sagt Link. Er nennt diese unbekannte Gemeinschaft das »dunkle Mikrobiom«. »Es gibt wahrscheinlich viele Viren und andere Dinge da draußen, von denen wir noch gar nichts wissen.«
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.