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Teilchenphysik: Neutrinos von der Sonne wandeln irdische Atome um

Erstmals wurden solare Neutrinos dabei beobachtet, wie sie aus Kohlenstoff-13 eine radioaktive Variante des Stickstoffs machen. Ein unterirdischer Detektor fing die Teilchen ein.
Ein leuchtendes, stilisiertes Atommodell auf dunklem Hintergrund. Im Zentrum befindet sich ein heller Lichtpunkt, um den sich mehrere leuchtende Bahnen winden, die die Umlaufbahnen von Elektronen darstellen. Die Bahnen strahlen in verschiedenen Blautönen und erzeugen einen dynamischen, energetischen Effekt, der die Bewegung und Energie eines Atoms symbolisiert.
Neutrinos können aus einer Atomsorte eine andere machen. Das hält allerdings nicht lange an, und der Kern zerfällt wieder.

Neutrinos gelten als Schlüssel zu unbekannten physikalischen Gesetzen, aber sie lassen sich nur schwer untersuchen. Obwohl die Sonne sowie der Rest des Weltalls ständig zahllose dieser Elementarteilchen zur Erde schleudern, machen sich nur wenige in hoch spezialisierten, riesigen Detektoren bemerkbar. Mit einem solchen Gerät ist einem Team im Dezember 2025 der erste Nachweis einer speziellen Reaktion gelungen, die von solaren Neutrinos angetrieben wird.

Bei dem Vorgang trifft ein von der Sonne ausgesandtes Neutrino auf sogenannten Kohlenstoff-13, eine etwas schwerere Variante des normalen Kohlenstoff-12. Das Atom verwandelt sich dadurch in Stickstoff-13. Dieses Isotop wiederum ist instabil – und zerfällt nach kurzer Zeit zurück in den stabilen Kohlenstoff-13.

Bei der Reaktion entsteht zunächst ein Lichtblitz, wenn das Neutrino auf den Atomkern des Kohlenstoffs trifft. Anschließend leuchtet der Kern ein zweites Mal auf, während er zerfällt. Durch diesen charakteristischen Doppelwumms ließ sich das Signal klar identifizieren.

Die Forschungsgruppe registrierte das Phänomen mit dem SNO+-Experiment, das sich tief in einer kanadischen Mine befindet. Hier ist der Detektor vor anderen Teilchen als Neutrinos gut abgeschirmt. Insgesamt fünf solcher Ereignisse tauchten in den Daten auf – über einen Messzeitraum von 231 Tagen und unter insgesamt 5,7 Tonnen Kohlenstoff-13, die das Team beobachten konnte. Dieses dramatische Verhältnis zeigt, wie extrem selten die Neutrinos wechselwirken.

Diese erste Messung dieses Vorgangs soll zusammen mit diversen weiteren Versuchen dabei helfen, viele bisher unverstandene Details der Neutrinophysik aufzuklären. Auch hier scheinen sich die Neutrinos an theoretische Vorhersagen zu halten. Doch neue Physik dürfte sich in den Einzelheiten verstecken. Dafür braucht es präzisere Messungen. Angesichts des flüchtigen Charakters der Neutrinos bleibt das – angesichts der dafür nötigen gewaltigen Detektoren ganz buchstäblich – eine Riesenaufgabe.

  • Quellen
Abreu, M. et al., Physical Review Letters 10.1103/1frl-95gj, 2025

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