News: Nur ein kosmischer Zufall
Ein Erklärungsversuch geht davon aus, daß ein sehr massereicher Stern am Ende seines strahlenden Lebens unter der eigenen Schwerkraft zu einem Schwarzen Loch kollabiert, wobei diese sogenannte Hypernova Gammastrahlen abgibt und eine Schockwelle auslöst. Am 25. April 1998 wurde ein Gammastrahlenausbruch registriert, der anscheinend nach diesem Schema abgelaufen war. Bei der Musterung des entsprechenden Himmelsabschnittes mit optischen Teleskopen entdeckten Astronomen dann auch tatsächlich eine Supernova. Die Wahrscheinlichkeit, daß beide Ereignisse nur rein zufällig zusammengetroffen sind, hielten die Wissenschaftler für sehr gering.
Marc Kippen von der University of Alabama in Huntsville und vom Marshall Space Flight Center glaubt aber, daß genau dies der Fall ist: Beide Vorgänge fanden ohne kausalen Zusammenhang zu ähnlichen Zeiten in der gleichen Himmelsrichtung statt (The Astrophysical Journal vom 10. Oktober 1998). "Wir können nahezu sicher sagen, daß keiner der bisher detektierten hellen Gammastrahlenausbrüche von einer Supernova stammt", sagt er. "Wir sind weniger sicher in Bezug auf die schwächeren Blitze, weil diese nicht genau lokalisiert werden können. Außerdem haben wir die meisten Supernovae verpaßt, so daß etwa zehn Prozent der schwachen Gammastrahlen-Blitze das Ergebnis von Supernova-Explosionen sein könnten."
Kippen teilte die rund 2000 von BATSE registrierten Ausbrüche nach ihrer Intensität in zwei Gruppen. Die helleren Blitze wurden zusätzlich von der Sonde Ulysses beobachtet, so daß ihre Quelle mittels Triangulation recht genau bestimmt werden konnte. Deren Lage verglich der Forscher mit den Orten der bekannten Supernovae, die innerhalb eines Monats um den Tag des Gammastrahlenausbruches auftraten. Das Ergebnis war ernüchternd: Alle 415 Gammastrahlen-Blitze und 585 Supernovae waren isolierte Vorgänge.
Die Gammastrahlenausbrüche der zweiten Gruppe waren weniger intensiv, so daß nur BATSE sie wahrnehmen konnte. Dadurch konnte Kippen die Lage der 1222 Blitze nur grob ausmachen. Dementsprechend vorsichtig meint er, daß eventuell einige davon mit Supernovae in Zusammenhang stehen könnten. Doch bei diesen Ausbrüchen sollte weniger Energie frei werden, da die zugehörigen Supernovae innerhalb unserer Galaxis lokalisiert sind. Das Spektrum der Gammastrahlen-Blitze müßte demnach anders sein als bei den hochintensiven Ausbrüchen, die in der Ferne des Kosmos stattfinden.
Bei dem fraglichen Ereignis im April 1998 war zwar die Supernova SN1998bw außergewöhnlich hell, der Gammablitz gehörte hingegen spektroskopisch zum Durchschnitt. "Die beiden könnten miteinander zusammenhängen", sagt Kipper. "Aber dann muß erstmal jemand erklären, wie eine Supernova aus dieser Gegend einen Gammastrahlenausbruch produzieren soll, der aussieht wie all die anderen, die mit Sicherheit von sehr weit weg stammen."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 8.12.1998
"Voller Stopp des kosmischen Schwungrades" - Spektrum Ticker vom 19.10.1998
"Das Rätsel bleibt" - Spektrum Ticker vom 17.6.1998
"Die Quelle der Gammastrahlen-Blitze" - Spektrum Ticker vom 5.5.1998
"So hell wie das ganze übrige Universum" - Spektrum der Wissenschaft 9/97, Seite 30
"Gammastrahlungs-Ausbrüche: Explosionen im fernen Kosmos"
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