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News: Nur ganz leicht angeschubst

Bisher dachten die Forscher, dass die Orientierung der Drehachsen von Asteroiden im All vom Zufall bestimmt sei. Doch in Wahrheit wird sie von den winzigen Kräften der Sonnenstrahlung bestimmt.
Asteroiden sind die Verlierer eines Wettrennens in der Jugendzeit unseres Sonnensystems. Damals, vor rund 4,5 Milliarden Jahren, bildeten sich in der Gas- und Staubwolke zunächst winzige Staubpartikel, die nach und nach immer größer wurden, bis auf diese Weise schließlich auch die Planeten entstanden. Übrig blieben kleinere Brocken, die Asteroiden, die seither - fernab von der Schwerkraft anderer Planeten - in der großen Lücke zwischen Mars und Jupiter um die Sonne ziehen.

Und da es dort bis heute immer wieder zu Kollisionen kommt, sollten Rotation und Neigung dieser Asteroiden vor allem durch solche Kollisionen, also vom Zufall bestimmt sein. Tatsächlich aber zeigen die über einen Zeitraum von zehn Jahren gesammelten Daten von zehn Mitgliedern der Asteroidenfamilie Koronis, dass das zumindest für diese kartoffelförmigen Himmelskörper mit einem Durchmesser zwischen 20 und 40 Kilometern nicht der Fall ist.

Denn von diesen Gesteinsbrocken rotieren sechs bezüglich ihre Umlaufbahn im Uhrzeigersinn und vier dagegen – und erstaunlicherweise sind die Asteroiden innerhalb dieser beiden Gruppen alle jeweils parallel zueinander orientiert: Die einen sind um 150 bis 170 Grad gegen ihre Bahnebene geneigt und die anderen um etwa 40 bis 50 Grad.

Auch rotieren die Asteroiden mit ganz ähnlichen Geschwindigkeiten: Die gegen den Uhrzeigersinn rotierenden brauchen für eine Drehung zwischen 7,5 und 9,5 Stunden und die mit dem Uhrzeigersinn rotierenden Gesteinsbrocken kreiseln entweder sehr schnell mit weniger als fünf Stunden pro Rotation oder sehr langsam mit mehr als 13 Stunden pro Rotation durch die Gegend.

Nach Ansicht von David Vokrouhlicky von der Charles University in Prag und seinen Kollegen vom Southwest Research Institute in Colorado kann das kein Zufall sein. Die Forscher versuchten daher, die Entwicklung der Asteroiden seit ihrer Entstehung am Computer zu simulieren, um die Ursachen für dieses seltsame Phänomen herauszufinden.

Dabei ließen sie in ihre Berechnungen zwei Einflüsse einfließen: die Wechselwirkungen mit den anderen Planeten und den so genannten Yarkovsky-O’Keefe-Radzievskii-Padack-Effekt oder kurz YORP-Effekt. Letzterer berücksichtigt, dass die der Sonne zugewandte Seite des Asteroiden Wärme abstrahlt. Dadurch erfährt der Asteroid einen winzigen Rückstoß.

Tatsächlich zeigten die Simulationen, dass der YORP-Effekt im Laufe der Jahrmilliarden die Rotation eines gegen den Uhrzeigersinn rotierenden Koronis-Asteroiden abbremst. Dadurch beginnt er, genau wie ein langsam werdender Kreisel, um seine Rotationsachse zu taumeln – zumindest solange bis diese Präzession mit der Drehung eines der anderen großen Planeten übereinstimmt, und Neigung und Rotationsperiode des Asteroiden gleichsam eingefroren werden.

Für Asteroiden, die im Uhrzeigersinn rotieren, scheinen dagegen die Wechselwirkungen mit anderen Planeten kaum eine Rolle zu spielen. Vielmehr sorgt bei ihnen allein der YORP-Effekt dafür, dass die Schräge der Asteroiden gegen 180 Grad tendiert und ihre Rotation irgendwann entweder beschleunigt oder abgebremst wird.

Zumindest für die Koronis-Familie scheint damit klar zu sein, dass nicht wenige, heftige Kollisionen sondern eher die unvorstellbar winzigen, aber im Laufe der Jahrmilliarden stetigen Stöße von Photonen die Drehbewegung der Asteroiden bestimmen. Getreu dem Motto: kleine Ursache – große Wirkung.

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