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News: "Ökosystem Wandgemälde"

Neben Feuchtigkeit und Luftverschmutzung haben Mikroorganismen einen bedeutenden Anteil am Zerfall alter Wandgemälde. Seit man vor einigen Jahren die schädliche Wirkung von Mikroben erkannt hatte, sucht man weltweit nach Strategien zum Schutz der Kunstobjekte vor mikrobieller Zerstörung. Wissenschaftler vom Institut für Mikrobiologie und Genetik der Universität Wien haben jetzt eine zeitsparende Methode der Identifikation der Mikroorganismen angewandt und weiterentwickelt.
Grundsätzlich ist jede Oberfläche potentielles Siedlungsgebiet einer Unzahl von Mikroorganismen. Auch kostbare Wandmalereien sind vor der Besiedelung mit Bakterien, Pilzen und Algen nicht gefeit. Sie verlieren die Malschicht und weisen Verfärbungen auf. Die Liste der bisher auf Wandmalereien gefundenen Mikroben ist so lang, daß Sabine Rölleke vom Institut für Mikrobiologie der Universität Wien angesichts der vielen mikrobiellen Populationen wie selbstverständlich vom „Ökosystem Wandgemälde“ spricht.

Zur Feststellung, um welche Mikroorganismen es sich handelt, mußten bisher die in den entnommenen Gemäldeproben vorkommenden Mikroben oft monatelang im Labor kultiviert und nach ihren physiologischen Eigenheiten untersucht werden. Allerdings ließ sich nur ein kleine Prozentsatz der Organismen überhaupt kultivieren, so daß man befürchten mußte, nur einen kleinen Teil des vorkommenden Artenspektrums überhaupt zu erfassen.

Die vom Wiener Forscherteam entwickelte Methode beruht auf der Unterscheidung des genetischen Codes der jeweiligen Mikrobenart. Mit ihr kann in kurzer Zeit aus geringsten Gemäldeproben – eine Probefläche in der Größe einer Kugelschreiberspitze reicht – auf einen wesentlich größeren Ausschnitt der tatsächlich vorhandenen Organismen hin untersucht werden.

Ausgangspunkt für die molekularbiologische Methode, so Sabine Rölleke, ist die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR). Mit ihrer Hilfe können unter Hitzeeinwirkung spezielle ribosomale DNA-Sequenzen der Probe rasch vervielfältigt werden, so daß sichtbare Mengen identischer DNA-Sequenzen entstehen. In einem weiteren Schritt wird der Cocktail aus unterschiedlichsten DNA-Sequenzen mit Hilfe der Denaturierenden Gradienten- Gelelektrophorese (DGGE) zu Bandenmustern geordnet, in denen dann jede Bande eine bakterielle Spezies im Ausgangsmaterial repräsentiert. Je mehr Banden pro Probe enthalten sind, desto größer ist also die Vielfalt der Bakterien.

Zur Identifizierung der Art können die Banden aus dem Gel geschnitten und ihre DNA-Sequenz mit den solchen von bisher bekannten Bakterien aus DNA-Datenbanken verglichen werden. Bei regelmäßiger Kontrolle durch die vorliegende Methode können Erfolge konservatorischer Maßnahmen ohne großen Zeitaufwand überprüft, Verschiebungen der Populationen erkannt und weitere Schritte gesetzt werden.

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