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News: Östrogen und Schwangerschaft

In einer Studie über schwangerer Paviane - Primaten, deren Hormonhaushalt während der Schwangerschaft dem des Menschen ähnelt - verursachten niedrige Östrogenspiegel bei über der Hälfte der weiblichen Tiere eine Fehlgeburt. Ultraschallüberwachung zeigte, daß die Föten bereits vor der Fehlgeburt gestorben waren.
Eugene D. Albrecht, Professor für Gynäkologie, Geburtshilfe und Reproduktionswissenschaften an der zur University of Maryland gehörenden School of Medicine präsentierte die Ergebnisse dieser Untersuchung auf einem am 14. März 1998 in Atlanta stattfindenden Symposium über Fetal Signaling and Labor anläßlich des 45. Jahrestreffens der Society for Gynecological Investigation.

"Unsere Erkenntnisse deuten darauf hin, daß Östrogen eine entscheidende physiologische Rolle bei der Erhaltung der Schwangerschaft und der Lebensfähigkeit des Fötus spielt," sagt Albrecht. Er und sein Kollege, Gerald J. Pepe, Professor für Physiologie an der Eastern Virginia Medical School, hatten bei 22 schwangeren Pavianweibchen die Östrogenbildung künstlich unterdrückt. Sieben von ihnen erhielten einen Hormonersatz, der den Östrogenspiegel wieder auf Normalwerte brachte. Weitere 20 Paviane blieben als Kontrollgruppe unbehandelt.

Wie Albrecht berichtet, verlief die Schwangerschaft in der unbehandelten Kontrollgruppe zu 95% erfolgreich. Von den Tieren, deren Östrogenbildung unterdrückt wurde, erlitten 55% eine Fehlgeburt. Bei der Ultraschalluntersuchung von sechs Pavianen deren Östrogenbildung unterdrückt worden war, stellten die Forscher beim Fötus keinen Herzschlag fest. Das deutet darauf hin, so Albrecht, daß die Föten schon vor der Fehlgeburt gestorben waren. Dagegen konnten alle sieben Tiere, die sowohl mit einem Medikament zur Östrogenunterdrückung, als auch mit einem Östrogenersatz behandelt worden waren, ihre Schwangerschaft aufrechterhalten.

Die Rolle von Östrogen für den Fortbestand einer Schwangerschaft ist seit langem umstritten. Einige Wissenschaftler stellen heraus, daß die Fehlgeburtenrate bei Frauen mit einem mutierten Östrogenrezeptor 50% beträgt. Ihrer Argumentation nach unterstreicht dies die Bedeutung des Östrogens. Anderen zufolge, beweist gerade die Tatsache, daß die Schwangerschaft auch bei Frauen mit niedrigem Östrogenspiegel andauert, daß das Hormon in der Schwangerschaftsphysiologie keine essentielle Rolle spielt.

Albrecht und Pepe haben bereits früher aufgezeigt, daß das Hormon zumindest zwei wichtige Rollen bei einem Vorgang spielt, den die Wissenschaftler als den "während der Schwangerschaft von Primaten stattfindenden Dialog zwischen Fötus und Plazenta" bezeichnen: Es reguliert nämlich die Produktion eines anderen wichtigen Hormons, des Progesterons, und fördert ferner die normale Entwicklung, den Reifeprozeß und die Funktionsfähigkeit der Plazenta sowie der Nebennieren des Fötus. Letztere produzieren Cortisol, ein Steroid-Hormon, das entscheidend ist für die Entwicklung der Lungen, der Leber und anderer Organe und Gewebe.

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