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Nagetiere: Offiziell rattenfrei

Auf der Insel Südgeorgien lebten noch 2010 hunderttausende Ratten - was für die einheimische Tierwelt eine Katastrophe war. Doch ihre Herrschaft ist jetzt offiziell beendet.
Königspinguine auf South Georgia

Noch vor wenigen Jahren war die Insel South Georgia im Südatlantik ein relatives Paradies für Ratten: keine Fressfeinde, aber die meiste Zeit des Jahres reichlich Nahrung. Denn die Insel wird gleichzeitig von Millionen Seevögeln als Nistplatz genutzt, von deren Eiern und Küken sich die Nager ernährten. Einige Arten starben deshalb auf der Hauptinsel aus und brüteten nur noch auf kleinen, rattenfreien Eilanden rund um South Georgia. Um das Ökosystem und die Arten zu schützen, beschlossen die Mitarbeiter des South Georgia Heritage Trust um Tony Martin von der University of Dundee vor einiger Zeit, die Rattenplage zu bekämpfen. Angesichts der Größe von South Georgia, des oft widrigen Wetters und des stark zerklüfteten Reliefs war dies ein gewagtes Unterfangen, das mehrere Millionen britische Pfund kosten sollte. Doch letztlich war die Arbeit von Erfolg gekrönt.

Zwei Jahre nach Abschluss der eigentlichen Bekämpfungsmaßnahmen 2016 erklärte der Trust, dass South Georgia erstmals seit 200 Jahren offiziell rattenfrei sei. Gezielte Suchaktionen mit Hunden und Köderstationen hätten keine Nager mehr nachgewiesen. Damit ist South Georgia mit einer behandelten Fläche von mehr als 1000 Quadratkilometern das größte derartige Projekt, das bislang weltweit zum Erfolg geführt wurde – das »befreite« Areal ist achtmal größer als der bisherige Rekordhalter. Mit Hilfe von Hubschraubern hatten die Mitarbeiter des Trusts tonnenweise Rattengift auf der Insel verteilt, an dem die Nagetiere nach einiger Zeit innerlich verbluten. Das Ganze war auch ein Wettlauf gegen die Zeit, denn Gletscher unterteilen die Insel noch in Segmente, die jeweils einzeln behandelt werden konnten. Durch die Erderwärmung ziehen sie sich jedoch zurück. Gebiete, die zuvor durch unüberwindliches Eis getrennt waren, wachsen dadurch zusammen.

Zukünftige Maßnahmen gegen eingeschleppte Pflanzen könnten dadurch erschwert werden, weil man größere Flächen in Angriff nehmen müsste. Strenge Quarantänemaßnahmen sollen daher verhindern, dass erneut Ratten – etwa durch Kreuzfahrtschiffe – auf die Insel kommen. Das Ende der Ratten sorgte bereits in kurzer Zeit dafür, dass sich das Ökosystem zu erholen begann und verschiedene Arten wieder nach South Georgia zurückkehrten. Vielerorts wurde die Vegetation dichter, kleine Seevögel, der nur hier vorkommende Südgeorgien-Pieper (Anthus antarcticus) und die Südgeorgien-Spießente (Anas georgica georgica) nisteten erneut. Zuvor verloren sie bis zu 90 Prozent ihrer Gelege an die Ratten. Insgesamt schätzt man den Gesamtbestand an Seevögeln hier auf 100 Millionen Tiere. Die Ratten eroberten dagegen erst nach 1775 South Georgia, nachdem James Cook die Insel entdeckt und für Großbritannien in Besitz genommen hatte. Später diente die Insel als Basis für Walfänger, die Jagd auf die zahlreichen Meeressäuger rund um das Archipel machten.

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