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News: Ohne Probleme ins Gehirn

Unser Gehirn ist wie eine Festung durch die Blut-Hirn-Schranke gegen schädliche Einflüsse und toxische Substanzen geschützt. Aber auch therapeutische Stoffe haben dadurch ihre Schwierigkeit, an ihren Wirkort zu gelangen. Daher stellte die Barriere bisher auch ein Hindernis für die Gentherapie im Gehirn dar. Über einen Rezeptor-vermittelten Transportmechanismus gelang es Wissenschaftlern, Gene in das Gehirn von Ratten einzuschleusen. Dieser Weg ist zwar nicht neu, aber die Forscher konnten ihn durch eine verbesserte Verpackung der therapeutischen DNA optimieren.
Das Gehirn als eines der wichtigsten Organe muss auch besonders sorgfältig vor schädlichen und giftigen Substanzen geschützt sein. Diese Aufgabe erfüllt die Blut-Hirn-Schranke, die das Gehirn streng vom Blutgefäßsystem abschirmt und nur den Transport von benötigten Stoffen wie Glucose oder einigen Aminosäuren zulässt. Aber somit gelangen weder "Freunde" noch "Feinde" hinein. "Die Gentherapie im Bereich des Gehirns wurde immer durch die Existenz der Blut-Hirn-Schranke behindert – der Kapillarwand, welche die Aufnahme von therapeutischen Stoffen aus der Blutbahn verhindert", erklärt William Pardridge von der University of California School of Medicine.

Früher versuchten Ärzte die Barriere zu durchbrechen, indem sie ein Loch in die Schädeldecke bohrten oder eine Substanz in die Schlagader spritzten, welche die schützenden Eigenschaften der Barriere kurzfristig zerstörte. Diese Maßnahmen waren nicht nur häufig erfolglos, sondern stellen auch einen starken Eingriff dar, sodass sie für Patienten, die eine lebenslange Behandlung benötigen, nicht in Frage kamen. Pardridge und seine Kollegen entwickelten daher eine Methode, Gene über die Barriere zu schleusen, in dem sie "die im Gehirn vorkommenden Rezeptoren ausnutzen".

Dieser Ansatz ist nicht neu. Allerdings scheiterten Wissenschaftler bisher daran, die therapeutischen Gene so zu verpacken, dass sie im Blut unversehrt bleiben. Das Team um Pardridge überwand dieses Problem, indem es die DNA in neutrale Liposome hüllte, die wiederum von wachsartigen Strängen umgeben waren. Diese Hülle stabilisiert zum einen die Partikel in der Blutbahn, zum anderen werden an ihr die Antikörper befestigt, die an den Transferrin-Rezeptor an der Oberfläche der Endothelzellen binden. Auf diese Weise gelang es den Forschern zwei so genannte Reporter-Gene, deren Einbau und anschließende Aktivität leicht nachzuweisen sind, durch intravenöse Injektion der antikörperbesetzten Lipososmen in die Gehirne von Ratten einzuschleusen (Proceedings of the National Academy of Sciences vom 5. Juni 2000, Abstract).

"Wir bestückten die Lipososmen mit einem Gen, das einen blauen Marker exprimiert, um die Expression im Gehirn sichtbar zu machen", sagt Pardridge. "Normalerweise erscheint das Gewebe blass weiß. Aber als wir die Gehirne der Ratten nach der Injektion untersuchten, waren die neuronalen Strukturen lebhaft blau." Für diese erfolgreiche Integration von exogenem Erbgut war nach Aussagen der Wissenschaftler sogar sehr viel weniger DNA nötig als für bisherige Methoden.

Pardridge ist der Auffassung, dass der Ansatz auch auf Menschen anwendbar ist. "Die benötigten Hilfsmittel, um eine Gentherapie des Gehirns auch beim Menschen durch führen zu können, existieren bereits", sagt er. "Wir verfügen über gentechnisch hergestellte Antikörper, die im Menschen sogar noch etwa zehn Mal effektiver sein müssten als bei der Ratte."

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