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Ferne Sonnensysteme: Ohne Umwege

Einen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems aufzuspüren, ist längst keine Heldentat mehr. Ausgenommen vielleicht, er ähnelt der Erde. Die neue Herausforderung liegt nun darin, die Trabanten direkt abzulichten. Auf den Bildern einer fernen Sonne zeigt sich jetzt ein viel versprechender Kandidat.
Ein jupiterähnlicher Planet
Es war eine Sensation: Im Jahr 1995 wiesen Forscher den ersten extrasolaren Planeten um einen sonnenähnlichen Stern nach. Inzwischen – Mitte September 2008 – sind es immerhin schon 309. Und da es allein in der Milchstraße rund 200 Milliarden Sterne gibt, kann man auch in Zukunft noch auf zahlreiche weitere Funde hoffen.

Exoplanetenjäger Nummer 1: Die Radialgeschwindigkeitsmethode | Die Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt Planeten auf Grund der Dopplerverschiebung des Spektrums eines Sterns, welches auf der Erde mit Hilfe wiederholter Teleskopbeobachtungen aufgezeichnet wird. Die Verschiebung gibt Aufschluss über Masse und Bahnparameter eines im Orbit befindlichen Begleiters.
Leider überstrahlen die potentiellen Muttergestirne ihre potenziellen Begleiter nur zu oft. Mit heutigen Teleskopen ist es deshalb auch unglaublich schwierig, diese direkt nachzuweisen – selbst wenn ihre Existenz zweifelsfrei geklärt ist. Genauso würde einem Astronomen auf einem extrasolaren Planeten unsere Sonne im Infrarotbereich etwa eine Milliarde Mal heller erscheinen als Jupiter – der größte Trabant im System.

Das reflektierte Licht der fernen Planeten ist also in der Regel viel zu schwach, und so müssen Astronomen auf indirekte Methoden zurückgreifen: Periodisches Hin- und Hergewackel oder Helligkeitsschwankungen eines Sterns verraten dabei beispielsweise ihn umkreisende Himmelskörper. Junge Sternsysteme haben hingegen das Zeug eine Ausnahme zu bilden: Ist der Planetenbau noch nicht vollständig abgeschlossen, ziehen sich die Gasriesen auf Grund ihrer Schwerkraft zusammen und erzeugen dabei Hitze. Ein frischer Jupiter wäre dadurch nur hunderttausend Mal schwächer als sein Mutterstern.

Turbulenzen sorgen für Unruhe

Was immer noch sehr ungleich erscheint, lässt Astronomen heutzutage nicht mehr ganz so schwarzsehen – dank adaptiver Optik. Denn bisher bereiten ihnen neben der Leuchtschwäche der fernen Planeten auch Turbulenzen in der Erdatmosphäre erhebliche Probleme. Bekannter ist dieser Effekt vermutlich von aufgeheizten Asphaltstraßen im Sommer: Schlierenhaft zieht sich die Luft darüber und lässt alles dahinter Liegende flimmern. Auf dieselbe Weise verschmieren atmosphärische Luftunruhen das Bild eines Himmelkörpers und verringern das Auflösungsvermögen von bodengestützten Teleskopen so enorm.

Mit Hilfe einer ständig korrigierten Optik können die Störeinflüsse allerdings ausgeglichen werden. Hierzu misst ein Computer anhand einer geeigneten Referenzquelle – das kann ein natürlicher oder mittels Laserlicht konstruierter Leitstern sein – zunächst die atmosphärischen Turbulenzen und sorgt dann sofort für ein entsprechendes Verformen des Teleskopspiegels. Mit dieser Technik kommen die Beobachter sogar an die Auflösung des Weltraumteleskops Hubble heran.

1RSX J160929.1-210524 | Mit Hilfe adaptiver Optik entstand am Mauna-Kea-Observatorium auf Hawaii dieses Bild vom Stern 1RSX J160929.1-210524 (Bildmitte) und seinem potentiellen Begleiter.
Schon länger experimentieren Wissenschaftler damit auch am Gemini North Telescope auf Hawaii. David Lafrenière, Ray Jayawardhana und Marten van Kerkwijk von der University of Toronto richteten das große Fernrohr nun in eine lose Ansammlung von jungen Sternen – die so genannte Scorpius-Centaurus-Assoziation. Darunter das rund 500 Lichtjahre entfernte Gestirn 1RXS J160929.1-210524, das nur geringfügig weniger Masse besitzt als die Sonne.

Infrarotbilder sowie spektroskopische Aufnahmen zeigen in einem Abstand von 330 Erde-Sonne-Distanzen (330 Astronomischen Einheiten) vom Stern einen möglichen Planeten. Zum Vergleich: Neptun, der sonnenfernste Planet unseres Systems ist gerade einmal 30 Astronomische Einheiten entfernt. Die beobachteten Farben des potenziellen Begleiters lassen eine Temperatur von rund 1500 Grad Celsius annehmen, berichten die Wissenschaftler.

Der Haken an der Sache

Jupiter ist dagegen ein Eisklotz – temperiert auf etwa minus 100 Grad Celsius. Ansonsten ähnelt er ihm vermutlich schon mehr. Denn aus Computermodellen leiten die Astronomen die achtfache Masse und den 1,7-fachen Radius für ihren Fund ab. Es wäre das erste Mal, dass ein so planetenähnliches Objekt um einen sonnenähnlichen Stern direkt beobachtet wird, freuen sich Lafrenière und seine Kollegen. Haken an der Sache ist allerdings die nicht unwesentliche Frage, ob es wirklich an 1RXS J160929.1-210524 gebunden ist.

Alternativ durchgespielte Szenarien seien den Wissenschaftlern zufolge eher unwahrscheinlich. Zum Beispiel, dass sich der Himmelskörper zufällig in der Nähe des Sterns aufhält. Um ihre Zusammengehörigkeit endgültig zu beweisen, könnten allerdings noch bis zu zwei Jahre vergehen. Die Indizien seien aber bereits jetzt äußerst überzeugend, ermutigt Lafrenicre.

Ist er tatsächlich gravitativ an den Stern gebunden, würde er durch seine enorme Distanz zum Stern gegenwärtige Theorien zur Entstehung von Planetensystemen mächtig herausfordern. Womöglich muss sogar über einen gänzlich neuen Entstehungsmechanismus nachgedacht werden, spekulieren die Forscher.

Doch davon mal ganz abgesehen, so wäre es im bisweilen doch etwas ermüdend gewordenen Exoplanetengeschäft mal wieder eine handfeste Sensation. Denn bis jetzt fliegen alle direkt abgebildeten planetenähnlichen Objekte außerhalb des Sonnensystems entweder frei im Raum herum oder umkreisen Braune Zwerge – diese sind vergleichsweise dunkel und machen es den Astronomen somit leichter, ihre Begleiter aufzuspüren.

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