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News: Ohrwurmspeicher

Musik zeigt viele Gesichter: Sie regt Gefühle an, weckt Erinnerungen - oder nervt. Jetzt fahndeten Wissenschaftler nach dem Ort, wo die Klänge verarbeitet werden.
Ohrwurmspeicher
Reißt Sie morgens ein Radiowecker aus süßen Träumen? Dann kennen Sie das auch: Wieder einmal musste der wie immer bestens gelaunte Moderator zum altbewährten Schlager greifen, der schon seit Wochen aus jedem Radio plärrt. Und schon ist es passiert. Unter der Dusche fängt es an. Nichts Böses ahnend, beginnen Sie, die Melodie vor sich hin zu summen. Dann ist alles zu spät. Der Ohrwurm hat seinen Weg in Ihr Hirn gefunden und wird Sie den ganzen Tag lang nicht mehr in Ruhe lassen.

Doch wo fühlt sich der Ohrwurm so wohl? Oder etwas wissenschaftlicher ausgedrückt: Welche Hirnregionen verarbeiten musikalische Eindrücke? Die Frage ist nicht so trivial, denn mehrere Regionen der Großhirnrinde sind für Gehörtes zuständig. Vor allem im Schläfenlappen liegen mehrere so genannte auditorische Felder.

Doch zum Glück für neugierige Forscher gibt es eine Methode, mit der sich diejenigen Hirnregionen, die gerade mit Denken beschäftigt sind, verhältnismäßig einfach aufspüren lassen: die funktionelle Kernspinresonanztomographie, die auch auf das Kürzel fMRI hört. Sie erfasst, ohne dass es schmerzhafter Eingriffe bedarf, die Hirnregionen, die gerade besonders gut durchblutet werden, die also besonders aktiv sind.

Und dieser Prozedur unterzogen sich auch acht Musikliebhaber, die sich zum Dartmouth College in das Labor von Petr Janata begaben. Sie lauschten einer achtminütigen, die Tonleiter hinauf- und herabsteigenden Melodie, während Janata und seine Kollegen die Hirnaktivitäten mit fMRI verfolgten. Dabei erfreuten sich die Versuchspersonen jedoch nicht nur an den Harmonien, sie hatten zugleich auch zwei Aufgaben zu lösen: Zum einen sollten sie auf Misstöne achten, zum anderen aufmerken, wenn statt der gewohnten Klarinette plötzlich eine Flöte erklang.

Jedesmal, wenn die Testhörer die Hörnuss knackten, regte sich eine bestimmte Region: der rostromediale präfrontale Cortex. Er liegt unmittelbar unterhalb der Stirn und ist mit den Hörzentren im Schläfenlappen verbunden.

Die Aktivitäten dieser Hirnregionen waren jedoch nicht immer identisch, sondern zeigten immer wieder leichte Variationen. Diese Dynamik erlaubt, so vermutet Janata, dass dieselbe Melodie vollkommen unterschiedliche Gefühle auslösen kann.

"Musik ist so begehrenswert", betont Janata. "Sie ist zwar für das menschliche Überleben nicht unbedingt nötig, aber irgendwie sehnen wir uns nach ihr." Es sei denn, es handelt sich um einen penetranten Ohrwurm.

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