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Omikron-Variante: Warum sich BA.5 auch in Deutschland durchsetzen könnte

In Portugal ist die Inzidenz wieder deutlich gestiegen. Grund dafür ist die Ausbreitung der Omikron-Variante BA.5. Erste Daten zeigen: Sie entkommt der Immunantwort besonders leicht.
Reisende mit Mundschutzmaske warten auf einfahrende S-Bahn.

Mancherorts scheint es, als sei die Pandemie fast vorbei. Doch der Blick nach Portugal stimmt mindestens sorgenvoll. Dort gibt es wegen der Omikron-Subvariante BA.5 wieder rasch steigende Fallzahlen. Virologen und Infektionsforscher befürchten eine ähnliche Entwicklung für Deutschland.

Er halte BA.5 für »ansteckender und gefährlicher« als die ursprüngliche Omikron-Variante BA.1, sagte beispielsweise Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im »ZDF-heute-journal« vom 2. Juni. »Das ist auf jeden Fall eine Variante, die man nicht haben möchte, und wo wir gut vorbereitet sein müssen.«

Der Anteil der Omikron-Linie BA.5 in Stichproben hat sich hierzulande zuletzt im Wochentakt verdoppelt. Er liegt bereits bei 5,2 Prozent, wie aus dem Covid-19-Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) vom 2. Juni 2022 hervorgeht. Der Wert stammt aus der Kalenderwoche 20. Sollte sich der Trend fortgesetzt haben, wäre nun von einem noch höheren Anteil auszugehen. Labordaten aus dem süddeutschen Raum deuten bereits auf eine Quote von rund 15 Prozent hin.

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Der Omikron-Subtyp BA.5 wie der Subtyp BA.4 wurden erstmals im Januar und im Februar 2022 in Südafrika entdeckt. Seitdem dominieren sie dort das Infektionsgeschehen. Mittlerweile hat man die Varianten bereits in etwa 20 Ländern nachgewiesen. Die Europäische Seuchenschutzbehörde ECDC stufte BA.4 und BA.5 kürzlich von »Variants of Interest« hoch zu »Variants of Concern«. Ebenso listet die Weltgesundheitsbehörde WHO sie als besorgniserregend. »Ich denke, BA.4/BA.5 werden sich auch hier durchsetzen«, schrieb die Virologin Sandra Ciesek vom Universitätsklinikum Frankfurt vor Kurzem auf Twitter.

Kein sicherer Schutz vor einer erneuten Ansteckung

Die beiden Subtypen weisen Erbgutveränderungen am Spike-Protein auf. Konkret enthalten sie im Vergleich zu BA.2 die Aminosäure-Substitutionen L452R, F486V und R493Q in der Spike-Rezeptor-Bindungsdomäne. Damit entkommen sie noch leichter den Antikörpern von Geimpften und Genesenen. Erste Daten von Menschen, die sich zuvor mit BA.1 angesteckt hatten, ließen keinen sicheren Schutz vor einer Infektion mit den beiden anderen Subtypen erwarten, schreibt Ciesek weiter. Ansteckungen drohten insbesondere, je länger die vorige Infektion oder Impfung zurückliege.

Zwar gibt es laut Sandra Ciesek »bisher keine Beweise, dass sich die Krankheitsschwere mit BA.4/BA.5 wesentlich verändert hat«. In Portugal waren jedoch trotz einer hohen Impfquote von 87 Prozent zuletzt auch die Zahl der Krankenhauspatienten und die Sterblichkeit im Zusammenhang mit Covid-19 gestiegen. Die 7-Tage-Inzidenz liegt dort bei etwas mehr als 2000 Fällen pro 100 000 Einwohner, Corona-Beschränkungen gibt es kaum noch.

Umso wichtiger sei es im Hinblick auf die neuen Varianten, die Impfstoffe agiler und schneller anzupassen, schrieb Ciesek auf Twitter weiter. Man werde der Virusevolution sonst auch »mit einem auf BA.1 angepassten Impfstoff wieder hinterherlaufen«. Bundesgesundheitsminister Lauterbach sagte im ZDF: »In der Tat verzögert sich die Entwicklung neuer Impfstoffe im Moment etwas, weil die Hersteller dann doch mehr Probleme haben, die Daten zu generieren, die notwendig sind.« Er rechne aber in den nächsten Wochen damit. »Wir sind auf jeden Fall bei mehreren Herstellern gebucht, sodass ich sicher bin, dass wir allen einen guten Impfstoff anbieten können.«

In der Zwischenzeit ruft die ECDC die Mitgliedsländer dazu auf, die Varianten im Blick zu behalten und eine vorausschauende Teststrategie umzusetzen. Insbesondere an Risikogruppen und Menschen ab 60 Jahren appellieren die Seuchenschützer erneut, sich mit einem zweiten Booster vor einer schweren Erkrankung zu schützen.

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