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Origami-Engineering: Blühen uns bald faltbare Raumschiffe?

Eine Anleitung, etwas Papier, ein paar Mal knicken, und schon ist der Raumflugkörper fertig? Ganz so einfach ist es nicht. Doch Bauteile, die sich wie Blumen auffächern, versprechen Teil einer faltbaren Infrastruktur im All zu werden. Fachleute haben nun die Mathematik dahinter beschrieben.
Eine 3D-Darstellung eines geometrischen Objekts mit einer komplexen, sternförmigen Struktur. Die Oberfläche besteht aus dreieckigen Facetten, die in verschiedenen Rottönen und Violett beleuchtet sind. Die Beleuchtung erzeugt einen dynamischen Farbverlauf, der die dreidimensionale Form betont. Der Hintergrund ist dunkel, wodurch das Objekt hervorgehoben wird.
Die »bloom patterns« sind eine neue Origamifamilie. Sie falten sich aus einem flachen Zustand zu einer dreidimensionalen Form auf, ähnlich einer Blüte.

Die japanische Kunst, Papier zu falten, findet bereits seit den frühen 1990er Jahren auch in der Biomedizin und Raumfahrt praktischen Anklang – mit dem Origami-Engineering. Der entscheidende Vorteil: Was sich falten lässt, ist leichter zu transportieren. Gerade bei Raumfahrtmissionen, die auf begrenzten Platz an Bord besonders achten müssen, sind entfaltbare Solarpaneele und Teleskope willkommen. Ingenieur Larry Howell und sein Team von der Brigham Young University in Utah wollen die bislang verwendeten Faltarten ergänzen. In einer Veröffentlichung vom August 2025 haben sie die Blumen unter den Origamifamilien definiert, die »bloom patterns«. Diese vereinen Eigenschaften, die sich von bisherigen Techniken absetzen.

In ihrer zusammengefalteten Form sind die Origamiblumen flach und rotationssymmetrisch. Das heißt, sie ergeben die gleiche Struktur, wenn man sie in einem bestimmten Winkel um ihren Mittelpunkt dreht. Dann falten sie sich radial und in einer flüssigen Bewegung (nichtsequenziell) zu einer größeren dreidimensionalen Form auf. Sie ähnelt einem Blütenkorb oder einer Schüssel.

Bislang setzte die Raumfahrt Origamistrukturen vor allem bei planaren Solarpaneelen ein. Die dabei verwendete, so genannte Miura-Faltung erlaubt lediglich flache Objekte. Hier eröffnen die Origamiblüten nun neue Perspektiven: Sie lassen sich in einer flachen Form verstauen, öffnen sich aber in einer gekrümmten, dreidimensionalen Struktur. Das ermöglicht künftig etwa faltbare Teleskopspiegel, die im Orbit eine gebogene Fläche ergeben.

Will man eine Origamiblume konstruieren, unterliegt man laut Howell klaren Regeln. In der Mitte jedes Musters befindet sich ein Vieleck. An dieses Polygon grenzen keilartige, aneinandergereihte Segmente. Sie stammen aus einer doppelt periodischen Vorlage, sprich einem unendlichen Knickmuster, das sich in zwei Richtungen regelmäßig wiederholt – wie bei der Struktur altmodischer Badezimmerfliesen. Mit diesen Bausteinen lassen sich die Blumen unter bestimmten Vorgaben zusammensetzen. In ihrer Arbeit beschreiben die Fachleute den mathematischen Rahmen, der vorgibt, wie Winkel und Dimension der Segmentgeometrie auf das zentrale Polygon abgestimmt und wie die Elemente zueinander arrangiert werden müssen. So lassen sich die Muster verlässlich und einheitlich designen.

Die Origamiklasse ist vielversprechend: Die Strukturen sind durch das kreisähnliche Muster stabiler, sie entfalten sich leicht und flüssig und bieten dreidimensionale, gebogene Formen. Dank immer präziserer mathematischer Faltmodelle sind sie vielseitig anwendbar. Mit ihrer Hilfe könnten Teleskope, Antennen, Weltraumhabitate und weitere große Strukturen für die Raumfahrt regelrecht erblühen.

  • Quellen
Wang, Z. et al., Proceedings of the Royal Society A 10.1098/rspa.2025.0299, 2025

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