Paläontologie: Würmer fraßen sich durch Knochen von Meeressauriern

Sinken tote Wale auf den Boden der Tiefsee, ist das wie Bonanza für das Leben am Meeresgrund: Zahlreiche Arten fressen am Kadaver, und selbst die Knochen werden rasch zersetzt. Bartwürmer der Gattung Osedax haben sich darauf spezialisiert, das Skelett zu verwerten. Und das tun sie und verwandte Würmer schon mindestens seit der Kreidezeit vor 100 Millionen Jahren. Damals bohrten sie sich in die Knochen der teils ebenfalls gigantischen Plesio-, Mosa- und Ichthyosaurier und zersetzten sie, wie ein Team um Sarah Jamison-Todd vom University College London aus typischen Spuren in fossilen Knochen dieser Tiere schließt.
Welche Arten sich genau hinter den Knochenfressern verbergen, können Jamison-Todd und ihre Arbeitsgruppe mangels tatsächlicher Überreste noch nicht sagen: Fachsprachlich werden sie deshalb als Ichnospezies oder Spurenfossilarten bezeichnet. Ihre Analyse ergab mindestens sieben unterschiedliche Bohr- und Fraßlöcher, die Jamison-Todd und Co auf Osedax oder ähnliche Würmer zurückführten. Manche davon ähnelten jedenfalls sehr stark jenen von heute lebenden Osedax-Würmern: Ihr Stammbaum könnte also mindestens bis zurück in die Kreidezeit reichen.
Insgesamt hatte das Team mehr als 130 Fossilien untersucht – neben den Meeressaurierknochen auch die Überreste fossiler Meeresschildkröten. Darin fanden sich Bohrlöcher unterschiedlicher Größe, die zum Teil winzig klein waren. Mit Hilfe von computertomografischen Aufnahmen erstellten die Wissenschaftler dann dreidimensionale Abbilder der Bohrgänge im Knochen, um die verschiedenen Ichnospezies voneinander trennen zu können. Außerdem ließen sich damit Fraßspuren von Tieren besser von Löchern unterscheiden, die auf andere Weise entstanden sind. Manche der Wurmgänge ähnelten Bäumen mit ihrem Wurzelsystem, eine andere Form trat nur in fossilen Zähnen auf.
Die heutigen Osedax kennt die Wissenschaft tatsächlich erst seit 2002, als sie erstmals im pazifischen Monterey Canyon auf einem Walkadaver beobachtet wurden. Seitdem hat man sie in vielen Teilen der Weltmeere nachgewiesen – bis in antarktische Gewässer und selbst in Tiefen von nur 20 Metern. Sie besitzen weder einen Mund noch einen Anus, stattdessen leben sie symbiontisch mit Bakterien, welche die Fette und Proteine in Walknochen abbauen. Die freigesetzten Nährstoffe nehmen die Würmer dann über ein wurzelartiges Geflecht auf, das den Knochen durchzieht.
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