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Sonnensystem - Kleinplaneten: Pan-STARRS1: Bewährungsprobe bestanden

Pan-STARRS1 entdeckt Near-Earth-Asteroid 2010 ST3
Im Juni 2010 nahm das Pan-STARRS1-Observatorium auf Hawaii seinen wissenschaftlichen Betrieb auf. Der Name steht für Panoramic Survey Telescope & Rapid Response System – Panorameteleskop für Durchmusterungen und System für schnelle Reaktionen. Das vom Institut für Astronomie der Universität Hawaii entwickelte und gebaute Observatorium dient der systematischen Durchmusterung des Himmels. Auch Wissenschaftler der Max-Planck-Institute für Astronomie und extraterrestrische Physik sind mit einer Reihe von Projekten an den Beobachtungen beteiligt, unter anderem an der Suche nach Exoplaneten und Braunen Zwergen. Einer der Einsatzzwecke des Teleskops ist das Aufspüren von Asteroiden, welche die Erdbahn kreuzen und damit ein potentielle Gefahr für die Erde darstellen.

Pan-STARRS1 entdeckt Near-Earth-Asteroid 2010 ST3 | Zwei Bilder zeigen den Asteroiden 2010 ST3 (grün markiert) in einem zeitlichen Abstand von 15 Minuten. Diese Entdeckung gelang mit dem kürzlich in Betrieb gegangenen Durchmusterungsteleskop Pan-STARRS1 (PS1) am 16. September 2010.
Seine erste Bewährungsprobe hat PS1 – so die Kurzbezeichnung – mit der Entdeckung eines "Near-Earth"-Asteroiden (NEA) nun bestanden und seinen Nutzen eindrucksvoll unter Beweis gestellt: Mit diesem Teleskop gelang es nun, einen rund 45 Meter kleinen Brocken mit dem Namen "2010 ST3" in mehr als 32 Millionen Kilometern Entfernung zu detektieren, welcher der Klasse der PHOs (Potentially Hazardeous Object potenziell gefährliches Objekt) zugerechnet werden kann.

"Obwohl dieses spezielle Objekt die Erde in naher Zukunft nicht treffen wird, so zeigt seine Entdeckung, wie leistungsfähig die sensiblen Systeme von Pan-STARRS zum Auffinden potentiell gefährlicher Asteroiden sind," sagt Robert Jedicke, Mitglied jenes Wissenschaftlerteams der Universität Hawaii, das speziell mit der Suche nach Asteroiden befasst ist. Und er fügt hinzu: "Dieses Objekt lag weit außerhalb der Reichweite anderer Systeme zur Entdeckung von Asteroiden."

Pan-STARRS1 | Das Observatorium Pan-STARRS1 (Panoramic Survey Telescope & Rapid Response System) ist der Prototyp für spätere, noch umfangreichere Himmelsdurchmusterungen mit insgesamt vier 1,8-Meter-Teleskopen des gleichen Typs. Es befindet sich auf dem schlafenden Vulkan Haleakala auf Hawaii.
Zwar zählt PS1 mit einer Teleskopöffnung von 1,8 Metern zu den eher kleinen Instrumenten der modernen professionellen Astronomie. Das Besondere an diesem Beobachtungsprojekt ist jedoch die Kombination aus einem mit sieben Quadratgrad besonders großen Gesichtsfeld und der mit 1,4 Gigapixeln derzeit größten Digitalkamera. Sie machen PS1 zum derzeit leistungsstärksten Teleskop für systematische Himmelsdurchmusterungen.

Pan-STARRS1 besitzt eine 1,4-Gigapixel-Kamera | Mit der am Teleskop verwendeten 1,4-Gigapixel-Kamera – der weltweit größten Digitalkamera mit einem Chipdurchmesser von fast 40 cm – ist Pan-STARRS1 (PS1) das derzeit leistungsstärkste Teleskop für Himmelsdurchmusterungen.
"Jeden Monat beobachtet Pan-STARRS1 ein Sechstel des Himmels in fünf verschiedenen Wellenlängenbereichen", erläutert Roberto Saglia vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik. "Damit können wir zum einen sehr gut Helligkeitsvariationen am Himmel aufspüren, zum anderen aber auch besonders tiefe Aufnahmen von großen Himmelsregionen machen." Bestimmte Himmelsregionen können sogar Nacht für Nacht beobachtet werden. Damit ist es möglich, unter anderem kleinste Bewegungsänderungen lichtschwacher Objekte zu registrieren, welche computergesteuerte Systeme zeitnah aus den Daten filtern.

Der nun mit dem Pan-STARRS1-Observatorium entdeckte Asteroid 2010 ST3 wurde aufgenommen in die Gruppe der sogenannten PHAs, der "Potentially Hazardous Asteroids", bei welchen die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags auf der Erde besteht. Die NASA definiert jene Asteroiden (NEAs) und Kometen (NECs) als PHAs, die unter anderem einen Durchmesser von wenigstens 45 Metern haben, und die sich der Erde auf weniger als 0,05 Astronomische Einheiten (knapp 20 Mondbahnradien entsprechend rund 7,4 Millionen Kilometer) nähern. Derzeit sind 1145 PHAs bekannt, und es ist damit zu rechnen, das diese Zahl mit den jetzt verfügbar werdenden besseren Beobachtungsmöglichkeiten ansteigen wird.

2010 ST3 wird die Erde Mitte Oktober in einer sicheren Entfernung von etwa 6,4 Millionen Kilometern passieren, das entspricht dem 16-Fachen der durchschnittlichen Mondentfernung. Zum Zeitpunkt der Entdeckung war 2010 ST3 noch 32 Millionen Kilometer von der Erde entfernt.

Timothy Spahr, der Direktor des Minor Planet Center (MPC), sagt: "Ich gratuliere dem Pan-STARRS-Projekt zu dieser Entdeckung. Es ist der Beweis dafür, dass das PS1-Teleskop mit seiner Gigapixel-Kamera und seiner ausgeklügelten Computersteuerung zum Aufspüren bewegter Himmelsobjekte dazu in der Lage ist, potentiell gefährliche Objekte aufzufinden, die anderen Systemen bislang entgingen." Das in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts ansässige MPC wurde 1947 von der International Astronomical Union (IAU) gegründet, und dient dem Zweck der systematischen Katalogisierung und Überwachung von Asteroiden und Kometen.

Immer wenn ein Objekt entdeckt wird, das nach Berechnung seiner Bahn in die Gruppe der PHA einsortiert wird, besteht die Gefahr, dass Gazetten dies aufgreifen und Horrorszenarios malen. Im Fall von 2010 ST3 kann für die nahe Zukunft in jedem Fall Entwarnung gegeben werden. Es könnte sein, dass dieser relativ kleine Erdbahnkreuzer im Jahr 2098 näher an der Erde vorbei ziehen wird als Mitte Oktober; genauere Bahnberechnungen werden dies noch ergeben.

Pan-STARRS1 ist der Prototyp für spätere umfangreichere Himmelsdurchmusterungen mit insgesamt vier Teleskopen des gleichen Typs. Mithilfe dieser noch weitaus leistungsfähigeren Systeme wird es dann mit Siebenmeilenstiefeln voran gehen auch auf dem Weg, selbst kleinere Asteroiden lückenlos aufzufinden, die der Erde potenziell gefährlich werden könnten. Und das ist gut so: Denn je früher ein wirklich gefährlicher PHA entdeckt wird, desto größer ist die Möglichkeit einer erfolgreichen Abwehrmission.

Stefan Oldenburg

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