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Tierische Intelligenz: Papageien imitieren wohl ähnlich wie Menschen

Vögel erstaunen immer wieder durch ihre ausgeprägten kognitiven Leistungen. Offenbar können Blaukehlaras auf eine Weise von anderen lernen, die man bislang nur von Menschen kannte.
Drei Papageien mit leuchtend blauem und gelbem Gefieder sitzen auf einem Ast. Im Hintergrund sind grüne Blätter und Äste zu sehen. Die Vögel blicken in verschiedene Richtungen, was eine lebendige Szene in einer natürlichen Umgebung schafft.
Drei Blaukehlaras (Ara glaucogularis) aus dem Loro Parque auf Teneriffa.

Die Fähigkeit, andere zu imitieren, ist eine der Voraussetzungen menschlicher Kultur – auf diese Weise geben wir soziale Normen über Generationen hinweg weiter. Babys lernen mit etwa einem Jahr, eine Person nachzuahmen, die sie gezielt anleitet. Aber erst mit Vollendung des zweiten Lebensjahres sind Kinder kognitiv dazu in der Lage, zwei interagierende Menschen durch passives Beobachten zu imitieren. Dies erfordert, sich in die Situation Dritter hineinzuversetzen, um dann im selben situativen Kontext auf sich zu schließen und das Verhalten zu reproduzieren. Eine Gruppe um Esha Haldar und Auguste von Bayern vom Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz in Seewiesen will diese Leistung nun erstmals bei Tieren belegt haben – und zwar bei Blaukehlaras (Ara glaucogularis) aus der Ordnung der Papageien.

Bei den gefiederten Probanden handelte es sich um südamerikanische Aras aus dem Loro Parque, Teneriffa. Die Forschenden testeten, ob sechs von ihnen (die Testtiere) »Tricks« nachahmen konnten, nachdem sie beobachtet hatten, wie ein trainierter Ara auf entsprechende Handkommandos einer menschlichen Experimentatorin reagierte. Die Person, die sich bei dem Testtier befand, zeigte dem Vogel anschließend ebenfalls die Gesten. Der Ara bekam nur dann eine Belohnung, wenn er auf ein Kommando hin die richtige Handlung zeigte. Die Vögel mussten also nicht nur eine abstrakte Verhaltensweise imitieren, sondern auch den richtigen interaktiven Kontext zwischen trainiertem Ara und Experimentator lernen.

Das Experiment | Im hinteren Raum befindet sich eine Experimentatorin mit einem von zwei trainierten Blaukehlaras. Sie führt eine Geste aus, woraufhin der Vogel das eingeübte Verhalten zeigt. Dabei können sie von einem Testvogel durch eine Plexiglasscheibe beobachtet werden, der ebenfalls von einer Forscherin entsprechende Kommandos erhält. Beide Frauen tragen reflektierende Sonnenbrillen, um unbewusste Hinweise zu vermeiden.

Die sechs Testtiere schafften es, durchschnittlich vier der fünf Befehle mit den richtigen Tricks zu verknüpfen. Hingegen gelang es den fünf Papageien aus der Kontrollgruppe, die nur die Kommandos bekamen, aber keine Artgenossen beobachten konnten, lediglich in zwei Fällen. Auch waren die Testtiere schneller und machten weniger Fehler. Doch warum lernten die Kontrollvögel überhaupt zwei der Handlungen? Schließlich sahen sie nur die Handbewegung, nicht aber den passenden Trick dazu. Die Vermutung der Autoren: Sie konnten von der Geste (kreisender sowie sich auf- und abbewegender Finger) direkt auf das Verhalten schließen (sich drehen beziehungsweise Fuß in die Luft strecken). Bei den anderen drei Tricks (vokalisieren, aufplustern, mit den Flügeln schlagen) war dieser Transfer nicht möglich. Hier hätten sie nur durch Beobachtung eines Artgenossen auf die Handlung schließen können.

Die Experten schlussfolgern, dass Papageien wie Menschen dazu in der Lage sind, durch passives Beobachten Dritter zu lernen. Diese Fähigkeit stelle einen bedeutenden evolutionären Schritt dar, der bislang bei anderen Tieren nicht beobachtet wurde. Da die Blaukehlaras in dynamischen Gruppen leben, die sich immer wieder neu zusammensetzen, helfe die Fähigkeit wohl dabei, sich schnell untereinander zu synchronisieren und soziale Bindungen aufzubauen. Die Fachleute weisen darauf hin, dass sie nur mit wenigen Vögeln und wenigen Gesten experimentieren konnten und die Aussagekraft eventuell dadurch eingeschränkt ist. 

© NPG Press / LoroParque, Adrian Azcárate (audiovisual@loroparque.com)
Das ganze Experiment im Video

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