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News: Paradoxe Membranen

Membranen helfen in der Industrie, Flüssigkeiten und Gase von unerwünschten Molekülen zu befreien. Dabei gilt normalerweise: je kleiner die Poren, desto mehr wird ausgefiltert. Nun stellten Forscher jedoch Membranen mit großen Löchern her, die paradoxerweise große Moleküle bereitwillig passieren lassen - kleine jedoch nicht.
Einer Dresdner Hausfrau haben die meisten von uns ihren ungetrübten, morgendlichen Kaffeegenuss zu verdanken. Denn vor fast hundert Jahren erfand sie den Kaffeefilter. Melitta Bentz war es leid, ihrer Familie das heiße Getränk mit bitterem Kaffeesatz zu servieren und experimentierte mit allerlei Materialien zur Filterung. Dabei eignete sich Löschpapier aus Sohnemanns Schulheften offenbar besonders gut. Ihre Idee wurde noch etwas verbessert und schließlich 1908 patentiert.

"Aromaporen" versprechen heute gar, dass all die unerwünschten Bitterstoffe in der Filtertüte hängen bleiben und nur Wohlgeschmack in die Tasse fließt. Doch die richtige Porengröße ist auch in industriellen Prozessen bedeutsam: So bleibt in kleinen Poren zwar viel hängen, und Flüssigkeiten und Gase lassen sich auch noch von den winzigsten Molekülen befreien, doch bremst ein zu feinmaschiges Netz auch den Durchfluss. Außerdem werden selbstverständlich auch alle größeren Moleküle ausgefiltert, was nicht immer gewünscht ist.

Tim Merkel vom Research Triangle Institute in North Carolina und seine Kollegen machten jedoch eine erstaunliche Entdeckung an den von ihnen entwickelten Membranen. Die Forscher stellten ein vergleichsweise weitmaschiges Netz aus einem starren Polymergerüst her, indem sie das Material mit Partikeln hochdisperser Kieselsäure versetzten. Die Kieselsäurepartikel dienten quasi als Abstandshalter und hielten die Polymerstränge auf Lücke. Ungewöhnlich war nun, dass die großen Poren zwar voluminöse Moleküle wie Benzol passieren ließen, Winzlinge wie das Wasserstoff-Molekül jedoch kaum. Die Membran wirkte also wie ein weitmaschiges Netz, das Basketbälle schnell durchlässt, aber Tennisbälle deutlich bremst. Wie lässt sich dieses paradoxe Verhalten erklären?

Benny Freeman von der University of Texas erläutert das Prinzip wie folgt: Die Moleküle bewegen sich in zwei Schritten durch die Membranen. Zuerst müssen sie sich in der Membran lösen und dann im zweiten Schritt hindurchlavieren. Zwar sind die kleineren Moleküle im zweiten Schritt den großen gegenüber im Vorteil, doch lösen sich letztere viel schneller. In feinmaschigen Membranen machen die kleinen Moleküle ihren Nachteil beim Start schnell wieder wett, da sich die großen schnell im Netz verfangen. Ganz anders bei den verhältnismäßig groben Membranen: Hier haben die großen Moleküle genug Raum, ihren Vorteil beim Start auszuspielen und schnell durch die Barriere zu gleiten, bevor ein kleines Molekül nachkommt.

Nun wollen die Forscher erkunden, inwieweit ihre Methode unerwünschte Bestandteile aus Erdgas filtern kann. Denn wenn das gelingt, ließen sich damit viele Vorkommen erschließen, die zurzeit aufgrund ihres Gasgemisches unbrauchbar sind.

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