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News: Partner statt Gegner

In der Biologie sind Symbiosen zwischen verschiedenen Lebensformen besonders erfolgreich, da sie im Verbund deutlich mehr leisten können als die Summe ihrer Teile. Oftmals sind die verbündeten Organismen dann so auf den Partner angewiesen, dass sie ohne ihn nicht mehr lebensfähig sind - wer würde da schon auf die Idee kommen, seinem Verbündeten zu schaden? Und ähnlich scheint dies auch bei Handelsbündnissen zwischen Staaten zu sein: Der wirtschaftliche Verbund sorgt nicht nur für einen größeren Wohlstand bei der Bevölkerung, er verhindert auch, dass kleinere Konflikte zwischen den Handelspartnern zu Kriegen eskalieren.
Handelsabkommen zwischen Staaten wirken sich positiv auf die Entwicklung von Unternehmen aus und eröffnen dadurch auch neue wirtschaftliche sowie politische Möglichkeiten. Staaten, die wirtschaftlich zusammenarbeiten, treten gegenüber ihrer weltweiten Konkurrenz als geschlossene Einheit auf und sind so dem weltweiten Kampf um Marktpositionen besser gewappnet. In der Regel profitieren alle Länder von vertraglichen Wirtschaftsabkommen. Und letztendlich macht sich der Vorteil für den Einzelnen nicht nur in Geld bezahlt – wie Wissenschaftler nun herausfanden, kann dieser auch mit einem friedlicheren Leben rechnen.

Wie Edward Mansfield und David Bearce von der Ohio State University entdeckten, kam es zwischen Ländern, die gegenseitige Handelsbeziehungen auf der Basis von Verträgen pflegen, zu deutlich weniger Konflikten (Security Studies, Bd. 9.1&2, 2000). Die Forscher untersuchten im Zeitraum zwischen 1950 und 1985 bekannte Freihandelsabkommen wie zum Beispiel NAFTA (North American Free Trade Agreement) und die Europäische Union, aber auch solche, die der Öffentlichkeit nahezu unbekannt sind. Die geschlossenen Handelsabkommen können dabei sehr unterschiedlich aussehen, doch jede Form garantiert und sichert bevorrechtigten Zugang zu den Wirtschaftsmärkten der Partnerländer.

Die Wissenschaftler untersuchten darüber hinaus Daten über die Ausmaße von Kriegen, um militärische Konflikte zwischen Ländern zu identifizieren, einschließlich Androhungen von militärischer Gewalt, das Zeigen militärischer Macht oder der Einsatz von Gewalt bis hin zu Kriegen. Die Wissenschaftler verglichen die Mitgliedschaft der Staaten in Handelsbündnissen mit ihren militärischen Konflikten und fanden dabei heraus, dass Handelspartner bis zu 45 Prozent weniger in gewaltsame Auseinandersetzungen verwickelt waren. Kam es dennoch zwischen den wirtschaftlichen Partnern zu militärischen Kampfhandlungen, so führten diese mit geringerer Wahrscheinlichkeit auch zum Krieg: Während militärische Auseinandersetzungen bei Ländern ohne gegenseitige Handelsabkommen in elf Prozent aller Fälle zu Kriegen eskalierten, so passierte dies nur in zwei Prozent der Länder mit gegenseitigen Wirtschaftsabkommen.

Auch unter Berücksichtigung weiterer Faktoren werden laut Mansfield die Ergebnisse bestätigt. So spielte es beispielsweise weder eine Rolle, ob die Länder politische Verbündete waren oder nicht, noch ob sie demokratisch oder undemokratisch regiert wurden. Ein ausgedehnter Handelsverkehr alleine genügte dagegen nicht, um die Möglichkeit von Feindseligkeiten zwischen den Ländern zu verhindern – der Vertrag an sich spielte die entscheidende Rolle. "Die Handelsrate selbst wirkt sich nur geringfügig auf militärische Konflikte aus", meint Mansfield, "formelle Vereinbarungen, die den Handelsverkehr strukturieren, sind in dieser Hinsicht sehr viel wichtiger".

Der ausschlaggebende Nutzen gegenseitiger Handelsabkommen ist, dass für die betroffenen Länder ausreichend gewährleistet wird, dass der Nutzen des Handels sich bis in die absehbare Zukunft erstrecken wird. "Ohne ein formelles Handelsabkommen könnten sich die Länder darum sorgen, dass sich die wirtschaftlichen Beziehungen mit ihren größten Handelspartnern in der Zukunft verschlechtern könnten", erklärt er, "da bindende Abkommen die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern aufrecht erhalten und militärische Kampfhandlungen diesen Übereinkommen Schaden könnten, verhindern sie somit politische Konflikte zwischen den Beitrittsländern."

"Bisher wurde viel darüber diskutiert, ob Freihandelsabkommen den Ländern und ihren Bürgen mehr Schaden oder Nutzen bringen, aber es wurde wenig auf ihre politischen Auswirkungen geachtet", meint Mansfield. Er weist darauf hin, dass ihre Ergebnisse nun darlegen, wie Wirtschaft und Politik in der neuen Weltwirtschaft gegenseitig beeinflussen. "Regierungen, die Wirtschaftsabkommen beigetreten sind, gehen mit höherer Wahrscheinlichkeit der Gefahr eines Konfliktes aus dem Weg, da sie wichtige wirtschaftliche Beziehungen nicht gefährden wollen. Wirtschaft und Politik sind so miteinander vereint", erklärt er.

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