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Pseudo-Effekte in der Liebe: Hat Ihre Beziehung guten Saturn?

Zum Thema Liebe kann man unsinnige Fragen stellen und bekommt dennoch sinnvolle Antworten. Wie kann das sein – und was bedeutet das für die Forschung?
Ein Bild zeigt astrologische Diagramme mit verschiedenen Symbolen und Linien, die auf Papier gedruckt sind. Auf den Diagrammen liegen herzförmige Kekse mit rotem Zuckerguss und dekorativen Mustern. Die Kekse sind in verschiedenen Designs gestaltet, darunter Spiralen und kleine Herzen. Das Bild kombiniert wissenschaftliche und dekorative Elemente und vermittelt eine Mischung aus Astrologie und kulinarischer Kunst.
Mit dem Saturn hat das Glück in der Liebe sicherlich nichts zu tun. Aber wenn man will, kann man da eine Menge hineindeuten.

Hat Ihre Partnerschaft exzellenten Taro? Schätzen Sie die Umbra in Ihrer Beziehung? Und wie steht es um Ihre Reseda? Diese Fragen ergeben keinen Sinn – entsprechend sollten die Antworten auch nichts darüber aussagen, wie jemand seine Partnerschaft beurteilt. Und doch tun sie genau das. Ein solcher Pseudo-Fragebogen könnte den klassischen Gütekriterien zufolge sogar als valides Instrument durchgehen, so das Ergebnis einer Studie an der kanadischen Western University in Ontario, die in der Fachzeitschrift »Psychological Science« erschienen ist.

Für die Untersuchung entwickelte das Team um die Psychologin Samantha Joel einen Fragebogen aus zehn Nonsens-Aussagen wie den obengenannten, zum Beispiel »Ich schätze die Reseda in meiner Beziehung«. Dazu verwendete es Begriffe aus der Natur, die keinen realen Bezug zu Beziehungen haben (»Reseda« ist eine Pflanzengattung). Dann warb das Team knapp 500 Versuchspersonen über einen Mailverteiler der Western University und über soziale Medien an und fragte sie, wie sehr sie den Aussagen mit Blick auf ihre Partnerschaft zustimmten. Dabei sollten sie so gut wie möglich antworten, auch wenn sie die Aussagen nicht verstanden. Zusätzlich wurden sie auch noch in herkömmlicher Manier zu ihrer Beziehung befragt.

Das verblüffende Ergebnis: Die Pseudo-Skala schien nach statistischen Kriterien solide. Der Mittelwert korrelierte hoch mit der Zufriedenheit mit der Beziehung und moderat mit Vertrauen, Wertschätzung und Commitment. Aus den Nonsens-Antworten ließ sich sogar vorhersagen, wie das Urteil über die Beziehung in den Folgewochen ausfiel. Eine weitere Studie mit rund 100 Paaren ergab: Mit Persönlichkeitseigenschaften hingen die Pseudo-Antworten deutlich schwächer zusammen; sie beruhten also nicht auf allgemeinen Antworttendenzen. Allerdings stimmten die Partner bei den Nonsens-Fragen weniger überein als bei echten Beziehungsmaßen – ein Hinweis darauf, dass die Pseudo-Skala die gemeinsame Beziehungsrealität schlechter erfasste.

Was also steckt hinter den Antworten zu Taro, Umbra & Co? In einer Nachbefragung gaben rund 90 Prozent der Befragten an, verwirrt oder unsicher zu sein, was die Fragen bedeuteten. Eigentlich hätten sie also möglichst neutrale Werte ankreuzen müssen, schreiben Joel und ihr Team. Doch stattdessen färbte offenbar die allgemeine Gefühlslage in der Beziehung auf die Antworten ab. Ein Teilnehmer erklärte zum Beispiel: »Ich wusste nicht, was Umbra bedeutet. Aber ich schätze alles an meiner Beziehung, also habe ich zugestimmt.«

Das Problem: Wenn eine solche Pseudo-Skala nach gängigen Kriterien valide wäre – wie kann man wissen, ob etablierte Fragebögen mehr messen als nur die globale Gefühlslage? Es könnte lediglich so scheinen, als würden Beziehungsmaße etwas Neues erfassen, indem sie globale Urteile über die Beziehung abbilden, schreiben die Autorinnen und Autoren. Sie empfehlen deshalb, bewährte Beziehungsfragebögen kritisch daraufhin zu überprüfen, ob sie tatsächlich messen, was sie zu messen vorgeben.

Allerdings forderte die Instruktion bewusst dazu auf, auch bei Nichtverstehen zu antworten. So bleibt offen, wie die Ergebnisse ausgesehen hätten, wenn die Befragten nicht zum Spekulieren ermutigt worden wären. Eine grundsätzlich bessere Methode wäre, in den Fragen möglichst konkretes Verhalten zu beschreiben – das verringert den Spielraum für globale Urteile. Mit dieser Methode versuchen bereits Forschende in anderen Fachgebieten, etwaigen Pseudokorrelationen vorzubeugen

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  • Quellen
Joel, S. et al., Psychological Science 10.1177/09567976251370262, 2025

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