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News: Passende Filter für guten Durchblick

Dicht unter der Oberfläche ist das Meerwasser noch lichtdurchflutet. Mit jedem Zentimeter Tiefe geht jedoch langwelliges Licht verloren. Tiere der verschiedenen Zonen müssen daher mit ganz unterschiedlichen Lichtverhältnissen zurechtkommen. Heuschreckenkrebse benutzen Filter, um das Umgebungslicht optimal zu nutzen. Eine Art zeigt sich dabei besonders geschickt: Je nachdem, in welcher Tiefe die Jungtiere aufwachsen, legen sie sich einen individuellen Filtersatz zu.
Heuschreckenkrebse leben in Korallenriffen, einer überaus farbenprächtigen Umwelt. Vielleicht haben sie deshalb ein so fein differenziertes Farbensehen entwickelt: Mit bis zu 16 verschiedenen Sehpigmenten übertreffen sie uns Menschen bei weitem – wir besitzen dafür gerade einmal drei. Und selbst das scheint ihnen noch nicht zu genügen. Vier Typen ihrer Photorezeptoren schärfen sie weiter, indem sie durchsichtige, farbige Filter davorsetzen. Mit dieser ungewöhnlichen Methode passen sie sich an die speziellen Lichtbedingungen in ihrem jeweiligen Lebensraum an, da sich die spektrale Zusammensetzung der einfallenden Strahlung mit jedem Zentimeter Tiefe verändert.

Die meisten Vertreter der Heuschreckenkrebse bewohnen nur bestimmte Tiefenregionen. Flachwasserarten besitzen Filter, durch die einige ihrer Photorezeptoren besonders empfindlich auf Licht mit Wellenlängen von mehr als 600 Nanometern reagieren. Bei mehr als zehn Metern Wassertiefe wäre das jedoch nicht mehr sinnvoll, weshalb die Filter der dort lebenden Krebse auf kurzwelligeres Licht ansprechen.

Für Haptosquilla trispinosa ist das jedoch keine Lösung. Dieser Heuschreckenkrebs lebt sowohl im Gezeitenbereich als auch in Tiefen bis zu 30 Meter – ein für alle passendes Set an Filtern ist damit unmöglich. Als Thomas Cronin vom Department of Biological Sciences der University of Maryland und seine Kollegen jedoch Exemplare aus einem und aus 15 Metern Tiefe untersuchten, stellten sie etwas Überraschendes fest: Die Tiere besaßen jeweils ein individuelles Filterepertoire.

Doch wie machen sie das? Frisch geschlüpfte Jungkrebse leben noch im Flachwasserbereich und besitzen die dafür passenden Filter. Also zogen Cronin und seine Mitarbeiter die Tiere unter verschiedenen Lichtbedingungen auf. Nach drei Monaten war die Erziehungsmaßnahme erfolgreich abgeschlossen: Jungkrebse, die ihre Zeit unter weißem Licht verbracht hatten, besaßen noch immer dieselben Filter für Flachwasser. Ihre Artgenossen jedoch, die kein langwelliges Licht von mehr als 550 Nanometern kannten, hatten sich auf Tiefenwasserbedingungen eingestellt und ihren Filtersatz dementsprechend angepasst.

Auch manche Fische, Amphibien und Krebstiere können ihre spektrale Empfindlichkeit beeinflussen, indem sie die lichtempfindlichen Moleküle in ihren Sehpigmenten verändern. Ein Auslöser dafür ist beispielsweise die Umgebungstemperatur. Nach Aussage der Forscher ist Haptosquilla trispinosa aber der erste bekannte Fall, bei dem ein Tier sein Farbsehvermögen direkt an die spektrale Zusammensetzung des Umgebungslichtes anpasst, und das während seiner Entwicklung. Die Art ist damit ein beeindruckendes Beispiel, wie flexibel ein Phänotyp auf verschiedene Lebensräume reagieren kann.

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  • Quellen
Nature 411: 547–548 (2001)

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