Direkt zum Inhalt

Umweltverschmutzung: Pest machte die Luft bleifrei

Als der Schwarze Tod Europa heimsuchte, starben Millionen Menschen. Auch für die Umwelt hatte das Massensterben ungeahnte Konsequenzen.
Ein Mensch trägt die damals bei Ärzten übliche Pestmaske

Zwischen 1347 und 1353 tobte der Schwarze Tod durch Europa: Yersinia pestis – der Erreger der Pest – tötete geschätzte 25 Millionen Menschen und damit etwa ein Drittel der damaligen Bevölkerung des Kontinents. Ganze Landstriche wurden entvölkert, manche Städte verloren bis zu 80 Prozent ihrer Bürger. Vielerorts eroberte sich die Natur verlassene Dörfer wieder zurück – und auch die Luft wurde sauberer, wie eine Studie von Alexander More von der Harvard University und seinem Team in »GeoHealth« zeigt: Die Bleibelastung der Luft sank im Gefolge der Pest dramatisch ab und erreichte absolute Tiefststände für die letzten 2000 Jahre.

Die Geochemiker hatten mit neuen Analysemethoden die Bleikonzentrationen in Eisbohrkernen aus alpinen Gletschern hoch aufgelöst bestimmt und zeitlich sehr genau eingeordnet. Im Zeitraum zwischen 1349 und 1353 fielen die Werte für das Schwermetall auf ein Minimum von weniger als ein Nanogramm pro Liter – so niedrige Konzentrationen, wie sie seit dem Jahr null sonst nicht einmal annähernd erreicht worden sind. Selbst heute liegen die Bleigehalte in der Umwelt noch um mindestens eine Zehnerpotenz höher, obwohl das Schwermetall seltener eingesetzt wird. Als Zusatz in Kraftstoffen etwa ist es verboten; der Hauptverbraucher ist die Autoindustrie, wo Blei in Akkumulatoren eingesetzt wird. Der Grund für den damaligen Rückgang liegt nahe: Angesichts des Massensterbens fehlten natürlich auch die Arbeiter in den Bleiminen des Kontinents, und allgemein sank der Bedarf an dem Element, so dass die Bleischmelzen ebenfalls stillgelegt wurden.

Das Schwermetall fand sich im Mittelalter beispielsweise in Metallgeschirr, Gläsern, glasierten Keramikwaren und sogar in Material für Dächer. Vergiftungen dadurch waren bei mittelalterlichen Städtern wohl gang und gäbe, wie eine Untersuchung von Kaare Lund Rasmussen von der Süddänischen Universität in Odense im "Journal of Archaeological Science" nahelegte. Als die Epidemie endete, stiegen die Bleikonzentrationen allerdings wieder rasch an und erreichten bald erneut die Werte wie vor dem großen Sterben.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.