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Seuchen: Pest plagte die Menschheit noch früher

Der Schwarze Tod war über Jahrhunderte eines der größten Schreckgespenster, die Europa heimsuchten. Nun zeigt sich, dass die Bakterien noch viel früher auftraten als gedacht.
Katakomben

Drei große Seuchenzüge der Pest sind historisch verbürgt: Ab dem Jahr 541 wütete die Justinianische Pest in Europa und tötete 25 Millionen Menschen, 1334 begann der Seuchenzug in China und forderte am Ende das Leben der Hälfte aller Europäer. Und ab Mitte des 19. Jahrhunderts zog der Erreger wieder seine tödliche Spur ausgehend von Ostasien und kostete zehn Millionen Leben. Die Krankheit verursachenden Bakterien der Art Yersinia pestis erreichten Europa aber anscheinend deutlich früher, wie Forscher um Eske Willerslev von der Universität Kopenhagen nun aus archäologischen Funden ableiten. Wohl schon in der Bronzezeit vor 4500 Jahren infizierten die Keime Bewohner Europas – 3000 Jahre früher als bislang gedacht und durch historische Quellen belegt. Die Forscher hatten DNA des Pesterregers in 7 von 101 untersuchten Skeletten aus dieser Periode nachweisen können; die Knochen stammten aus verschiedenen Teilen Eurasiens.

Ursprünglich wollte Willerslevs Team mit ihrer Arbeit die Wanderungsgeschichte der Bronzezeit entschlüsseln. 3000 v. Chr. zogen demnach Steppenbewohner aus Zentralasien Richtung Westeuropa und lösten dort den Beginn der Bronzezeit aus. Im Gepäck brachten sie jedoch wohl auch die Pestbakterien mit, so die Forscher. Womöglich war die Krankheit sogar der Auslöser der Wanderungsbewegung, weil die Menschen davor flohen. Das Erbgut der gefundenen Bakterien lässt zudem Rückschlüsse auf die Evolution des Keims zu. In den ersten Nachweisen fehlen beispielsweise zwei wichtige Mutationen in der DNA, die spätere Varianten von Yersinia pestis aufweisen: So konnte sich die ursprüngliche Form wahrscheinlich nicht über Flöhe ausbreiten, weil ihr das Gen ymt fehlte, was die Keime heute im Flohdarm schützt und überdauern lässt. Im Erbgut der sechs ältesten Proben fehlten zwei entscheidende Merkmale, die der moderne Erreger trägt: Das Gen "ymt" schützt den Erreger im Darm des Flohs und ermöglicht so seine Übertragung durch die Parasiten.

Eine weitere Mutation des Gens pla erlaubt es dem Bakterium, aus der Lunge heraus in anderes Gewebe einzudringen und die Beulenpest auszulösen. Anfänglich übertrug sich die Krankheit also wohl durch direkte Infektionen von Mensch zu Mensch, wenn Infizierte kurz vor dem Ableben mit starkem Husten infiziertes Lungengewebe oder -flüssigkeit auswarfen. Richtig "erfolgreich" wurde die Pest jedoch erst über den Vektor Floh, der leichtere und schnellere Ausbreitungswege eröffnete.

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