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Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen: PFAS-Chemikalien sollen in EU beschränkt werden

Sie werden die »ewigen Chemikalien« genannt: PFAS finden sich fast überall. Dabei können sie für Umwelt und Gesundheit schädlich sein. Nun will Deutschland mit vier anderen EU-Ländern dagegen vorgehen.
Kind in einer gelben Regenjacke und mit gelben Gummistiefeln von hinten fotografiert auf einer regennassen Straße
Auf Grund ihrer Schmutz und Wasser abweisenden Eigenschaften werden PFAS auch für Outdoorbekleidung genutzt.

Sie weisen Schmutz, Wasser und/oder Fett ab: PFAS-Chemikalien werden deshalb in Produkten wie beschichteten Pfannen und Jacken genutzt. Mindestens für die Umwelt sind sie jedoch schädlich. Nun will Deutschland in der EU gemeinsam mit Dänemark, den Niederlanden, Norwegen und Schweden sämtliche Verbindungen dieser Substanzklasse – die per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen – verbieten.

Die Behörden schätzen, dass in den nächsten 30 Jahren rund 4,4 Millionen Tonnen PFAS in die Umwelt gelangen, wenn nichts dagegen unternommen wird. »Auf Grund ihrer chemischen Zusammensetzung bauen sich PFAS in der Umwelt über sehr lange Zeiträume nicht ab«, sagte Umweltministerin Steffi Lemke am Dienstag. Dies sei zwar in der Anwendung oft nützlich, führe aber dazu, dass diese Chemikalien in der Natur Schäden verursachen könnten. Zudem sammeln sie sich im Körper von Menschen an, möglicherweise mit gesundheitlichen Folgen: So fanden Studien etwa Hinweise auf Leberschäden oder eine Beeinträchtigung des Immunsystems. Für die meisten Substanzen der Stoffklasse ist die toxikologische Evidenz allerdings immer noch dünn.

Im März will die EU-Chemikalienagentur (ECHA) prüfen, ob Verbote mit EU-Recht vereinbar sind. Falls ja, wird der Vorschlag wissenschaftlich untersucht. In der Regel dauert das etwa ein Jahr. Dann entscheiden die EU-Kommission und die EU-Staaten über mögliche Beschränkungen. Dies könnte 2025 geschehen.

Der ECHA zufolge wäre dies eines der umfangreichsten Verbote chemischer Stoffe in Europa überhaupt. Unternehmen wären gezwungen, für rund 10 000 Anwendungen Alternativen zu finden. Dafür sollen sie dem Vorschlag zufolge eineinhalb bis zwölf Jahre Zeit bekommen, je nachdem, wie verfügbar und verwendbar Ersatzstoffe bereits sind. Ausnahmen soll es nur für einzelne Anwendungen geben. So gebe es bislang etwa keinen Ersatz für die Chemikalien bei Feuerschutzkleidung oder Feuerlöschschaum, hieß es aus dem Umweltministerium.

»Der Vorschlag für ein EU-weites Verbot von PFAS beziehungsweise deren Beschränkung in Herstellung und Anwendung ist vor dem Hintergrund bestehender und zukünftig zu erwartender Exposition von Mensch und Umwelt ein folgerichtiger und längst überfälliger Schritt«, sagte Christian Zwiener, Leiter der Arbeitsgruppe Umweltanalytik an der Eberhard Karls Universität Tübingen, dem Science Media Center. »Auch die Ausweitung des Verbotsantrags auf den Großteil von fluorierten Verbindungen über die PFAS-Definition ist folgerichtig, gerade um die Verlagerung von Produktion und Anwendung auf weitere, fluorierte Ersatzstoffe zu verhindern.«

»Der Vorschlag ist gut, weil er tatsächlich das Übel an der Wurzel packt und für ein totales Ende der PFAS sorgen würde, wenn auch mit bis zu zwölf Jahren Verspätung«, erklärt auch Rainer Lohmann von der University of Rhode Island in Kingston. »In vielen Fällen – vor allem für Konsumgüter – sind Alternativen zu PFAS vorhanden oder die Verwendung ist nicht essenziell. Hier wird ein Verbot schnell greifen und für eine spürbare Minderung der Belastung durch Haushaltsgüter sorgen. Allerdings kommt ein Verbot zu spät, um die Belastung der Europäer und Europäerinnen durch PFAS in der Nahrungskette zu senken. Das wird nur durch natürliche, langsamere Prozesse erfolgen.« (dam/dpa)

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