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Sternentstehung: Eine haarscharfe Übergangszone im Pferdekopfnebel

Hoch aufgelöste Bilder des Pferdekopfnebels verbessern Modelle zum Einfluss massereicher Sterne auf ihre Umgebung. Das ist auch für andere Bereiche der Astronomie interessant.
Pferdekopfnebel
Das Falschfarbenbild des Pferdekopfnebels wurde vom Weltraumteleskop Euclid im Infraroten zwischen 0,7 und 1,7 Mikrometer Wellenlänge aufgenommen. Heißes Wasserstoffgas erscheint blau, während kaltes Gas und Staub rot dargestellt werden.

Der Pferdekopfnebel im Sternbild Orion ist eine der bekanntesten Dunkelwolken und befindet sich etwa 1400 Lichtjahre von der Erde entfernt. Die Randbereiche der Wolke zeichnen sich in Form eines Pferdekopfs vor dem Hintergrund des benachbarten rot leuchtenden Emissionsnebels IC 434 ab. Für Forschende sind die Übergangsbereiche zwischen kalten Dunkelwolken und heißen, stark ionisierten Emissionsnebeln interessant, weil sie etwas darüber verraten, wie massereiche Sterne ihre Umgebung beeinflussen. Ein Team um Claudio Hernández-Vera von der Pontificia Universidad Católica de Chile konnte den Übergangsbereich beim Pferdekopfnebel genau vermessen und stellt die Ergebnisse im Journal »Astronomy & Astrophysics« vor.

Dunkelwolken bestehen aus kaltem Gas und Staub und machen sich vor allem dadurch bemerkbar, dass sie das Licht dahinterliegender Sterne verdecken. Sie sind die dichten Bereiche oftmals viel ausgedehnterer Molekülwolken und damit die einzigen Orte im Universum, in denen neue Sterne und Planetensysteme entstehen. Bilden sich in ihnen sehr massereiche Sterne, können diese mit ihrer intensiven Strahlung und ihren kräftigen Sternwinden das Material in ihrer Umgebung ionisieren und wegdrücken. Das kann sehr unterschiedliche Folgen haben: Die Materie kann so weit verdünnt werden, dass keine neuen Sterne mehr gebildet werden können. Das Material kann an einigen Stellen jedoch so stark komprimiert werden, dass neue Sterne besonders gut entstehen können. Die Bereiche, in denen intensive Strahlung auf kalte Molekülwolken trifft, müssen daher im Detail untersucht werden. Das genaue Verständnis der Vorgänge hat nicht nur weit reichende Auswirkungen auf unsere Vorstellungen über Sternentstehung, sondern auch über die Entwicklung ganzer Galaxien.

Der Pferdekopfnebel und IC 434 sind uns nah und bieten sich damit für das Beobachten an. Anders als im berühmten Orionnebel, in dem ebenfalls solche Übergangsbereiche existieren, ist die Strahlung außerdem nicht überdurchschnittlich stark, sondern repräsentativ für unser ganzes Milchstraßensystem. Die Gruppe um Hernández-Vera benutzte das Radioteleskop ALMA (Atacama Large Millimeter/submillimeter Array), um den Pferdekopfnebel und IC 434 in hoher Auflösung zu beobachten. Dazu betrachteten sie die Strahlung verschiedener Teilchen, die in den Schichten des Übergangsbereichs zu finden sind. Das ionisierte Material wird durch H-Alpha-Strahlung sichtbar, die von Wasserstoff stammt, während kalte Moleküle zum Beispiel anhand der Emission von Kohlenstoffmonoxid (CO) zu erkennen sind. Trotz der hohen Auflösung ist der Bereich dazwischen, in dem neutrale Atome vorliegen, kaum zu sehen. Das Forschungsteam bestimmte seine Dicke zu maximal 0,01 Lichtjahren, während der Pferdekopfnebel und IC 434 selbst mehrere Lichtjahre durchmessen. Die sehr dünne Schicht neutraler Atome bedeutet, dass es im Übergangsbereich große Dichteänderungen innerhalb kurzer Distanzen gibt.

Zoom in den Pferdekopfnebel | Die linke Aufnahme wurde im sichtbaren Bereich mit dem Very Large Telescope gewonnen und zeigt die markante Silhouette des Pferdekopfnebels vor dem roten Hintergrund des Emissionsnebels IC 434. Rechts ist ein Ausschnitt des Übergangsbereichs zwischen den beiden Objekten zu sehen, der mit Radiowellen gewonnen wurde. Die Zone aus neutralen Atomen, die zwischen dem kalten Material (blau) und dem heißen Gas (rot) verläuft, ist ausgesprochen schmal.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können die Beobachtungen gut mit gängigen Theorien beschreiben. Mit den vorhandenen Daten ist es allerdings schwierig, von den passenden Modellen das beste auszuwählen, weil diese sich in Merkmalen wie Dichte und Temperatur unterscheiden, die in der Studie nicht in allen Schichten genau bestimmt werden konnten. Um das zu erreichen, sind zusätzliche Daten anderer Molekülen notwendig, die zukünftig mit ALMA und dem James Webb Space Telescope gesammelt werden können.

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