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News: Pflanzlicher Schicksalsträger

Der Nachbar bestimmt, wo's langgeht - was sich nach Problemen anhört, ist in Pflanzen unerlässlich, damit sich die Zellen in der Wurzelspitze richtig differenzieren. Ein Signalprotein sorgt dafür, dass sich teilende Zellen gemäß ihren zukünftigen Aufgaben entwickeln. Allerdings stammt es nicht aus den Zellen selbst, sondern muss dafür aus einer angrenzenden Schicht erst einwandern.
In der zarten Spitze junger Wurzeln entscheidet sich das weitere Schicksal der noch undifferenzierten pflanzlichen Zellen. Aus Meristemen, lebenslang im Embryonalstadium verharrenden Geweben, entstehen die Zellen der schützenden Epidermis, ein zentraler Gefäßzylinder (Stele) sowie das dazwischenliegende Grundgewebe. Es setzt sich zusammen aus der Wurzelrinde (Cortex) und einer inneren Abschlussschicht, der Endodermis. Sie bildet eine selektive Barriere zur Stele und kontrolliert somit den Austausch von Stoffen zwischen der Wurzelumgebung und den Leitgefäßen. Wurzelrinde und Endodermis stammen von denselben Ausgangszellen ab, die sich einmal längs teilen.

Doch woher weiß eine Zelle, welchen Aufgabe sie zukünftig übernehmen soll? Sie muss ein Signal erhalten, dass ihr den richtigen Weg weist. Schon länger sind zwei Proteine bekannt, die dafür eine wichtige Rolle spielen: SHORT-ROOT (SHR) und SCARECROW (SCR). Das Protein SHR schaltet in den Meristemzellen das Ablesen des SCR-Gens an, woraufhin sich die Zelle asymmetrisch in eine Wurzelrinden- und eine Endodermiszelle teilt.

Allerdings stammt das SHR gar nicht aus den Zellen, in denen es aktiv ist. Denn wie die Arbeitsgruppe um Philip Benfey von der New York University nun nachweisen konnte, wandert das Protein, wahrscheinlich durch Poren in den Zellwänden, aus der angrenzenden Stele in die Zellen der Endodermisschicht ein und setzt sich dort in den Zellkern.

Den Sinn für ein solch kompliziertes System entdeckten die Forscher, als sie ihre Modellpflanze, die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), genetisch veränderten. Sie sorgten dafür, dass nun auch die Endodermiszellen SHR produzierten. Dadurch geriet die Zelldifferenzierung vollständig durcheinander: Statt nur einer Endodermisschicht entstanden nun mehrere, die aneinander grenzten.

Die Wissenschaftler erklären das Phänomen mit einer sich immer wiederholenden Schleife. Normalerweise wandert das SHR nur von der Stele in die angrenzende Schicht, wo es nach der Zellteilung mittels SCR die Differenzierung in eine Endodermis- und eine Wurzelrindenzelle auslöst. In den veränderten Pflanzen lief dieser Prozess nun immer wieder aufs Neue ab – das SHR aus der Endodermiszelle dringt eine Schicht nach außen vor, sorgt dort für die Aufspaltung in die beiden Zelltypen, wandert wiederum eine Lage nach außen und so weiter.

Dementsprechend funktioniert der Signalgeber SHR also nur dann richtig, wenn er ausschließlich im Zentrum – also der Stele – produziert wird. Die Antwort wirft jedoch direkt neue Fragen auf: Warum bewegt sich das Protein nur in die Nachbarzelle und nicht weiter? Und gibt es noch weitere Differenzierungsmechanismen, die auf solchen externen Signalen beruhen? Die Ackerschmalwand wird auch da sicherlich weiterhelfen.

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