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News: Pflanzliches Alarmsignal

Auch klassische Lehrmeinungen müssen von Zeit zu Zeit erweitert werden, und so könnte es nach neuen Erkenntnissen auch bald in der Pflanzenbiochemie geschehen. Forscher konnten jetzt erstmals einen erstaunlichen Sonderweg bei der molekularen Signalerkennung von Pflanzen charakterisieren. Ein von ihnen funktionell beschriebenes Protein spielt eine entscheidende Rolle in der Abwehr von Pilzerkrankungen bei Nutzpflanzen.
Der Mehltau ist eine bei Getreide häufig auftretende Pilzerkrankung, die immer wieder zu beträchtlichen Ernteeinbußen führt. Nur wenige Getreidesorten sind dauerhaft widerstandsfähig gegenüber diesem Schädling. Dazu gehören beispielsweise Gerstesorten mit einem Defekt im so genannten MLO-Gen. Das Gen enthält die Bauanleitung für ein Protein, das normalerweise die pflanzliche Abwehr gegenüber dem Pilz unterdrückt. Mutationen im MLO-Gen können nun dazu führen, dass Pflanzen kein oder zumindest nur ein in seiner Funktion gestörtes MLO-Protein ausbilden.

Forscher des Kölner Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung haben nun neue Ergebnisse zur Wirkungsweise dieses Proteins gewonnen. Sie stellten überraschende Unterschiede zu Molekülen fest, die zunächst einmal aufgrund struktureller Übereinstimmungen als verwandt eingestuft worden waren. So hat das Pflanzenprotein zwar nahezu die gleiche Struktur wie tierische Hormonrezeptoren und ist, ebenso wie diese, in der Zellmembran verankert. Nicht bestätigen ließ sich aber die Vermutung, dass das MLO-Protein im Inneren der Pflanzenzelle auch ähnliche biochemische Reaktionen auslöst wie die Rezeptormoleküle bei Tieren.

Wie die Gruppe um Paul Schulze-Lefert berichtet, bindet das MLO-Protein nicht, wie erwartet, an so genannte G-Proteine. Der gängigen Lehrmeinung nach wird der erste Schritt der Signalumwandlung im Zellinneren durch eine solche Wechselwirkung von Rezeptor und G-Protein vermittelt. Das G-Protein fungiert hierbei als Signalüberträger und verstärkt gleichzeitig den Reiz. Wie die Kölner Forscher weiter berichten, bindet allerdings Calmodulin an das MLO-Protein. Dieses im gesamten Tier- und Pflanzenreich vorkommende Protein spielt bei der durch Calcium-Ionen vermittelten Signalübertragung im Zellinneren eine zentrale Rolle.

Die Arbeiten, die in Kooperation mit koreanischen Wissenschaftlern entstanden sind, wiesen damit auf einen interessanten biochemischen Sonderweg in Pflanzen hin. Sie zeigen, dass trotz ähnlicher Proteinstrukturen in Tier und Pflanze mitunter völlig unterschiedliche Funktionsmechanismen zum Tragen kommen. Ob und wie sich der Mehltau-Pilz diese besondere Biochemie seiner Wirtspflanze zu Nutze macht, ist für das Verständnis von Krankheitsanfälligkeit bei Pflanzen sicherlich entscheidend.

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