Psychotherapie: Unbewusste Konfrontation kann helfen
Wenn eine Angst vor bestimmten Dingen, Situationen oder Aktivitäten so stark wird, dass sie das tägliche Leben beherrscht, spricht man von einer Phobie. Innerhalb eines Jahres erkranken daran in Deutschland etwa fünf Prozent aller Männer und rund doppelt so viele Frauen. Als Behandlung hat sich die Expositionstherapie bewährt: Dabei nähern sich die Betroffenen dem Auslöser ihrer Furcht schrittweise an. Hat jemand etwa Angst vor Spinnen, könnte man ihn zuerst ermutigen, sich Fotos der achtbeinigen Krabbler anzuschauen. Als Nächstes könnte er virtuelle Spinnen mit der 3-D-Brille betrachten und schließlich ein reales Exemplar auf die Hand nehmen.
Die Wirkung dieser Methode ist durch viele Studien belegt. Sie erzeugt bei den Patientinnen und Patienten jedoch oft starken Stress, weshalb viele die Therapie abbrechen. Von einem einfacheren Weg, sich an Furcht erregende Sachen zu gewöhnen, berichten die Psychologen Paul Siegel und Bradley Peterson von der University of Southern California in einer aktuellen Übersichtsarbeit.
Die Autoren fassen 39 Studien zur »unbewussten Expositionstherapie« zusammen. Dabei setzen sich die Betroffenen einem angstbesetzten Objekt aus, ohne dieses bewusst wahrzunehmen. Bei der »Mikro-Exposition« etwa werden Bilder des Furchtauslösers nur sehr kurz gezeigt – unterhalb der Wahrnehmungsschwelle – und sofort durch ein harmloses Bild ersetzt. Ein anderer Ansatz ist es, beispielsweise Spinnenphobikern Bilder von Objekten zu zeigen, die den Tieren nur ähneln. Etwa ein Kamerastativ, dessen Beine so gebogen sind, dass sie an Spinnenbeine erinnern. Unbewusst erfolgt so auch eine Gewöhnung an den Anblick von Spinnen.
In den meisten ausgewerteten Studien wurden Personen mit einer diagnostizierten Phobie untersucht oder aber Probandinnen und Probanden, die in einer Voruntersuchung starke phobische Tendenzen aufwiesen. In Experimenten mit gesunden Teilnehmenden gelang sogar schon eine Art Furchtauslöschung im Schlaf. Den Versuchspersonen wurden im wachen Zustand Töne vorgespielt, von denen manche gleichzeitig mit einem Elektroschock ertönten. Das verursachte eine Angstreaktion in Zusammenhang mit den entsprechenden Klängen. Wurden diese Töne im Tiefschlaf noch einmal ohne Elektroschock vorgespielt, gerieten die Testpersonen weniger stark ins Schwitzen, wenn sie am nächsten Tag die Töne erneut hörten.
Die unbewussten Ansätze leisteten in den meisten Studien gute Dienste und halfen selbst stark phobischen Teilnehmenden. Einen Haken hat die Methode allerdings: Zwar hatten die so Behandelten nach eigener Aussage anschließend weniger Furcht vor dem Auslöser ihrer Phobie. Ihre Bereitschaft, dem neu gefundenen Mut auch Taten folgen zu lassen, also sich etwa einer lebenden Spinne in der Realität zu nähern, stieg jedoch weniger stark, als man es von klassischen Expositionstherapien kennt.
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