Phthalat im Kinderurin: Überraschend aufgetauchter Weichmacher stammt aus Sonnencreme

Der verbotene Weichmacher, dessen Abbauprodukt Anfang 2024 in Urinproben auffällig vieler Kinder aufgetaucht ist, stammt aus Sonnencreme. Das haben Untersuchungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) sowie der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter (CVUÄ) in Nordrhein-Westfalen ergeben. Der Stoff namens Di-n-hexylphthalat (DnHexP) kann demnach als Verunreinigung bei der Herstellung bestimmter UV-Filter entstehen, die in den Kosmetika zum Einsatz kommen.
Es gibt aber Wege, die Bildung von DnHexP zu vermeiden. Die Produzenten sollen laut den Behörden daher ihre Verfahren vorsorglich so umstellen, dass ihre Produkte frei von dem Weichmacher sind. Die gemessenen Werte im Urin der untersuchten Kinder seien allerdings so gering, dass kein Grund zur Besorgnis bestehe, betont das Landesamt. Experten warnen davor, auf Sonnencreme zu verzichten, da schädliche UV-Strahlung Hautkrebs verursacht.
Im Februar 2024 war Mono-n-hexlphthalat (MnHexP) in Urinproben von Kindern in Nordrhein-Westfalen aufgefallen. Der Stoff bildet sich im Körper als Abbauprodukt von DnHexP. Dieser Weichmacher ist EU-weit seit dem Jahr 2019 in Kosmetika verboten, weil er im Verdacht steht, die Fruchtbarkeit zu schädigen.
Auf der Suche nach der Quelle für die unerwünschte Substanz rückten bald Sonnenschutzmittel in den Fokus, die den UV-Filter DHHB (Diethylamino-hydroxybenzoyl-hexyl-benzoat) enthalten. Bei dessen Herstellung kann DnHexP entstehen. Dieser Verdacht hat sich bewahrheitet, wie das LANUV berichtet.
»Die neuen Untersuchungsergebnisse bestätigen den Zusammenhang, dass der Weichmacher aus dem verunreinigten UV-A-Filter DHHB in Sonnenschutzmitteln stammt«, erklärt Elke Reichert, Präsidentin des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, laut einer Pressemitteilung. Die CVUÄ haben 42 Sonnenschutzmittel untersucht, von denen 31 den Filter DHHB enthielten. In sechs Mitteln wiesen sie auch DnHexP nach. In den 250 untersuchten Urinproben fand das LANUV sowohl MnHexP als auch andere Abbauprodukte des UV-Filters DHHB.
Die im Kinderurin gemessenen Werte für MnHexP seien allerdings so gering, dass es keinen Grund zur Besorgnis gebe, schreibt das LANUV weiter. Zu dieser Einschätzung kam auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in einer Stellungnahme von März 2024. Es sei nach wie vor sicher, sich mit Sonnenschutzmitteln einzucremen: »Nach derzeitigem Stand des Wissens sind gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Verwendung derart verunreinigter Mittel sehr unwahrscheinlich«, schreibt das BfR. Da es bislang keinen festgelegten Grenzwert für die Aufnahme von MnHexP oder DnHexP gibt, hat die Behörde im März 2024 einen vorläufigen Wert dafür ermittelt, welche Menge an DnHexP ein Mensch täglich ohne gesundheitliche Bedenken aufnehmen kann. Die Mengen in den Proben wiesen auf eine wesentlich geringere Belastung hin, schreibt das BfR.
Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass Sonnenschutzmittel mit DHHB nicht zwangsweise DnHexP enthalten müssen – es gibt also Herstellungsverfahren, bei denen sich der schädliche Weichmacher nicht bildet. Die Behörden haben Kosmetikhersteller daher dazu aufgefordert, ihre Prozesse auf solche Verfahren umzustellen.
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