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Physiologie: Warum Wale beim Tauchen keinen Hirnschlag bekommen

Manche Walarten können hunderte oder tausende Meter tief tauchen. Dennoch erleiden sie keine Schäden im Kopf: dank eines speziellen Netzes an Blutgefäßen.
Schwimmender Buckelwal
Buckelwale gehören zu den größten Walarten und sind kraftvolle Schwimmer.

Pottwale können bis zu tausend Meter tief tauchen, Grauwale wanderen tausende Kilometer durch den Ozean – nur zwei der Höchstleistungen, zu denen Großwale in der Lage sind. Angetrieben werden die Tiere vom kraftvollen Schlag ihrer Schwanzflossen, der jedes Mal starke Druckwellen durch den Walkörper schickt. Gleichzeitig müssen die Säuger unter Wasser die Luft anhalten, was den Druck im Körper noch erhöht. Dennoch erleiden ihre Blutgefäße und ihr Gehirn keinen Schaden, wie man dies beim Menschen erwarten müsste. Robert Shadwick von der University of British Columbia und sein Team beschreiben in »Science«, warum das nicht geschieht.

Die Wale verfügen im Schädel über ein besonderes Netz an Blutgefäßen, das so genannte Rete mirabile: ein Netz feinster Arterien, das aus einer Arterie abzweigt und sich später wieder zu einer Arterie vereinigt. Es wurde bereits im 17. Jahrhundert entdeckt und kommt auch bei anderen Säugetieren etwa an den Nieren vor. Bei den Großwalen war die Bedeutung jedoch lange unbekannt.

Shadwick und Co entwickelten daher ein Computermodell, mit denen die Arbeitsgruppe die Druckschwankungen im Walkörper und seine Folgen für das Gefäßsystem simulieren konnten. Das Modell basiert auf der Physiologie von elf verschiedenen Arten vom Tümmler bis zum Großwal.

Laut dem Modell spielt das Rete mirabile eine entscheidende Rolle beim Druckausgleich: Es hält den Blutdruck im Gehirn konstant, ohne dass die Wale ihre Schwanzschläge abschwächen müssten. Das Geflecht aus Blutgefäßen leitet den Druckanstieg von den Arterien, die Blut ins Gefäß führen, durch das Netz weiter, bis die Arterien in die Venen übergehen, die das Gehirn verlassen. Das verteilt den Druck großflächig, weshalb das Rete mirabile wie ein Schutzhelm wirkt: Es schützt das Walhirn vor Druckschwankungen, ohne dass sich der Blutfluss im übrigen Körper ändert. Das Gefäßnetz »schluckt« laut der Simulation etwa 90 Prozent des Druckanstiegs, den die Schwanzschläge auslösen: ausreichend genug, um tief zu tauchen oder kraftvoll zu schwimmen, ohne dass es zum Hirnschlag kommt.

Robben oder Seehunde besitzen dieses Gefäßnetz nicht im Kopf, was mit ihrem Schwimmstil zusammenhängt. Sie gleiten mit seitlichen Wellenbewegungen und sorgen so dafür, dass nicht immer wieder neue Druckpulse durch den Körper jagen.

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