Sonnensystem: Planetenkandidat X meldet gewichtige Ansprüche
Oje, da kommt wieder Arbeit auf uns zu. Am meisten vielleicht für die geschäftige Astrologenzunft: Bald könnten nicht länger nur neun Planeten bis Pluto aus ihren "Häusern" heraus über unser aller "Schicksal und Charakter bestimmen". Schuld sind die akribisch-wissenschaftlichen Sterngucker - sie beschreiben nun den größten Sonnenbegleiter jenseits von Neptun.
Erinnern wir uns an Sedna, Quoar und Varuna; oder vielleicht an "2003 EL61" und "2005 FY9": Alle diese sonnenumkreisenden Objekte jenseits der Bahn des Neptun kratzten vor kurzem oder längerem an der Schulweisheit, nach der unser Sonnensystem genau neun Planeten enthält. Die von ihrer Entdeckung ausgelöste Diskussion ist noch nicht abgeschlossen, und schon werden all diese Himmelskörper mit alle ihren schönen und schnöden Namen von "2003 UB313" deutlich in den Schatten gestellt: Dem nun vorgestellten jüngsten aller "Gröbrokgs", also größten jemals entdeckten Brocken im Kuiper-Gürtel des Sonnensystems.
Dort, in jener fernen Ansammlung von Klein- und Kleinstobjekte, die am Rande unseres Systems in 50 bis 500 Astronomischen Einheiten Entfernung um die Sonne kreisen, verschwimmt seit einigen Jahren schon fast traditionell die Grenze zwischen echtem Planet, echtem Planetoid und echtem großen Felsklumpen. Mit zunehmend besseren Instrumenten buhlen Forschergruppen darum, im Kuiper-Gürtel Himmelskörper von möglichst imposanten Dimensionen zu finden. Diese werden dann in Relation zum bis dato bekanntesten Nachbarn gesetzt: Pluto. Je günstiger der Vergleich ausfällt, desto mehr Prestige ist aus der Entdeckung zu schlagen – schließlich trägt Pluto nicht nur die drögen Titel des größten, hellsten und nächsten aller "Trans-Neptun-" und "Kuiper-Gürtel-Objekte", sondern ist vielmehr im kulturellen Wissensschatz der Menschheit historisch als letzter, äußerster "Planet" des Sonnensystems verankert. Nun aber rufen Mike Brown und seine Mitstreiter von der Caltech-Universität mit einigem Recht 2003 UB313 als neuen, zehnten Planeten aus.
Also gingen Brown und Kollegen von einer Rückstrahlkraft von 100 Prozent aus – selbst unter dieser unrealistisch hohen Annahme aber errechnet sich mit 2300 Kilometern für 2003 UB313 ein größerer Durchmesser als der von Pluto, der etwa 60 Prozent allen eingestrahlten Lichts reflektiert. Größer als gut 3000 Kilometer im Durchmesser dürfte das Objekt allerdings kaum sein, da es sonst sicher auch von Spitzer hätte entdeckt werden müssen. Der Planet, so Brown und Co, bräuchte nun nur noch einen vernünftigen Namen. Schade findet er nur, dass "Persephone" schon an einen unbedeutenden Kometen vergeben ist: Die mythologische Tochter von Demeter und Zeus, unfreiwillige Gattin des Hades (oder römisch: Pluto), die drei Monate des Jahres in der Dunkelheit der Unterwelt verbringen muss, hätte doch zu gut zu dem neuen Planeten gepasst. Dessen elliptische Bahn trägt ihn schließlich auch immer in weit entfernte, eisige und dunkle Regionen des Kuiper-Gürtels.
Brown kann da nicht viel entgegen setzen, tut dies aber vehement: Pluto ist per kulturell eingebürgerter Definition ein Planet, 2003 UB313 größer und manchmal sonnennäher – also sicher auch einer. Pluto muss, sozusagen als gefühlter Planet, Standard bleiben – Basta.
Herrliche Zeiten also für alle: Lehrer ("Unser Sonnensystem besteht aus neun, äh, zehn Planeten, die unsere Sonne umkreisen ..."), den diskussionsfreundig-philosophischen Semantiker (Was eigentlich ist ein Planet genanntes Ding?), den ernsthaften und streng wissenschaftlich Nüchternen (Wie groß, schwer und hell ist der Brocken wirklich? Was lauert noch an unentdeckten Schätzen in den Weiten von Kuiper-Gürtel und Oort'scher Wolke?) und, natürlich, die herrlich unwissenschaftlichen Sterndeutergilden. Die finden sicher bald noch ein Häuschen oder zwei für den neuen Klumpen im Sternenzelt. Und dass er bislang unerkannt geblieben ist, könnte doch vielleicht etwaige Fehldeutungen erklären? Falls nicht: Täglich werden derzeit sicherheitshalber neue und alte Sternenkarten erneut nach bewegten Lichtpunkten durchmustert auf der Suche nach dem dann neuesten aller Neuplaneten.
Dort, in jener fernen Ansammlung von Klein- und Kleinstobjekte, die am Rande unseres Systems in 50 bis 500 Astronomischen Einheiten Entfernung um die Sonne kreisen, verschwimmt seit einigen Jahren schon fast traditionell die Grenze zwischen echtem Planet, echtem Planetoid und echtem großen Felsklumpen. Mit zunehmend besseren Instrumenten buhlen Forschergruppen darum, im Kuiper-Gürtel Himmelskörper von möglichst imposanten Dimensionen zu finden. Diese werden dann in Relation zum bis dato bekanntesten Nachbarn gesetzt: Pluto. Je günstiger der Vergleich ausfällt, desto mehr Prestige ist aus der Entdeckung zu schlagen – schließlich trägt Pluto nicht nur die drögen Titel des größten, hellsten und nächsten aller "Trans-Neptun-" und "Kuiper-Gürtel-Objekte", sondern ist vielmehr im kulturellen Wissensschatz der Menschheit historisch als letzter, äußerster "Planet" des Sonnensystems verankert. Nun aber rufen Mike Brown und seine Mitstreiter von der Caltech-Universität mit einigem Recht 2003 UB313 als neuen, zehnten Planeten aus.
Das Objekt war bereits im Oktober 2003 fotografiert worden, wurde aber erst Anfang dieses Jahres als bedeutsam erkannt: Bei der Rekordentfernung von 97 Astronomischen Einheiten ist es dennoch sehr hell – und demnach ziemlich groß. Wie groß, ist dabei indes noch nicht genau zu sagen: Für genauere Werte hätten Infrarotuntersuchungen herhalten müssen, aus denen auf die Rückstrahlkraft der Objektoberfläche rückgeschlossen werden könnte. Ein Versuch der Forscher, das Objekt mit Hilfe des für derartige Untersuchungen geeigneten Spitzer-Weltraumteleskopes zu analysieren schlug jedoch fehl: Spitzer fand den fernen Lichtpunkt im Kuiper-Gürtel im Infrarotbereich nicht einmal.
Also gingen Brown und Kollegen von einer Rückstrahlkraft von 100 Prozent aus – selbst unter dieser unrealistisch hohen Annahme aber errechnet sich mit 2300 Kilometern für 2003 UB313 ein größerer Durchmesser als der von Pluto, der etwa 60 Prozent allen eingestrahlten Lichts reflektiert. Größer als gut 3000 Kilometer im Durchmesser dürfte das Objekt allerdings kaum sein, da es sonst sicher auch von Spitzer hätte entdeckt werden müssen. Der Planet, so Brown und Co, bräuchte nun nur noch einen vernünftigen Namen. Schade findet er nur, dass "Persephone" schon an einen unbedeutenden Kometen vergeben ist: Die mythologische Tochter von Demeter und Zeus, unfreiwillige Gattin des Hades (oder römisch: Pluto), die drei Monate des Jahres in der Dunkelheit der Unterwelt verbringen muss, hätte doch zu gut zu dem neuen Planeten gepasst. Dessen elliptische Bahn trägt ihn schließlich auch immer in weit entfernte, eisige und dunkle Regionen des Kuiper-Gürtels.
Andere kritisieren allerdings, dass vor der Namensgebung besser erstmal die Bezeichnung "Planet" für 2003 UB313 zu revidieren wäre. Die Bahnneigung (immerhin 44 Grad) und die Exzentrizität der Reiseroute von 2003 UB313 sind schon ungewöhnlich – noch ungewöhnlicher als die von Pluto, der als Felsklumpen ohnehin deutlich verschieden von den Gasriesen Neptun und Uranus ist. Vielleicht sollte also eher Pluto der Status des Planeten aberkannt als 2003 UB313 zuerkannt werden? Einiges spräche dafür, aus unseren neun Planeten acht statt zehn zu machen.
Brown kann da nicht viel entgegen setzen, tut dies aber vehement: Pluto ist per kulturell eingebürgerter Definition ein Planet, 2003 UB313 größer und manchmal sonnennäher – also sicher auch einer. Pluto muss, sozusagen als gefühlter Planet, Standard bleiben – Basta.
Schade, dass auch die offizielle behördliche Definition der Internationalen Astronomischen Vereinigung nicht wirklich weiterhilft. Sie hat (typisch) eine Findungskommission eingesetzt, um den Begriff "Planet" genau zu definieren. Das Gremium (auch typisch) berät erst einmal noch ein wenig. Bis zur schlussendlichen Entscheidung müsse daher provisorisch gelten, dass "alles, was weiter als 40 Astronomische Einheiten entfernt ist, kein Planet ist." Klare Worte. Damit ist allerdings zum Beispiel Pluto, mit seinem durchschnittlichen Abstand von 39,5 Astronomische Einheiten zur Sonne, mal Planet und mal wieder nicht: Der sonnenfernste Punkt seines elliptischen Umlauf ist acht Astronomische Einheiten über der behördlich festgelegten maximalen Planetenabstandsgrenze.
Herrliche Zeiten also für alle: Lehrer ("Unser Sonnensystem besteht aus neun, äh, zehn Planeten, die unsere Sonne umkreisen ..."), den diskussionsfreundig-philosophischen Semantiker (Was eigentlich ist ein Planet genanntes Ding?), den ernsthaften und streng wissenschaftlich Nüchternen (Wie groß, schwer und hell ist der Brocken wirklich? Was lauert noch an unentdeckten Schätzen in den Weiten von Kuiper-Gürtel und Oort'scher Wolke?) und, natürlich, die herrlich unwissenschaftlichen Sterndeutergilden. Die finden sicher bald noch ein Häuschen oder zwei für den neuen Klumpen im Sternenzelt. Und dass er bislang unerkannt geblieben ist, könnte doch vielleicht etwaige Fehldeutungen erklären? Falls nicht: Täglich werden derzeit sicherheitshalber neue und alte Sternenkarten erneut nach bewegten Lichtpunkten durchmustert auf der Suche nach dem dann neuesten aller Neuplaneten.
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