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News: Plaques bald in Auflösung?

Wann kann den Millionen Alzheimer-Patienten geholfen werden? Allen Fortschritten der Forschung zum Trotz gibt es noch keine endgültige Behandlungsmethode. Daher sind Wissenschaftler weiterhin auf der Suche nach neuen, viel versprechenden Ansätzen. Möglicherweise eröffnet sich ihnen ein neues Feld durch den Einsatz von Molekülen, die Blutgerinnsel auflösen. Forscher aus den USA und Großbritannien haben im Experiment die typischen Ablagerungen mit Hilfe eines Proteins zerstört, das auch die Gerinnsel in Blutgefäßen auflöst.
In unseren Blutgefäßen bilden sich regelmäßig Gerinnsel. Damit diese Ablagerungen nicht zum Herzinfarkt oder Schlaganfall führen, müssen sie jedoch rechtzeitig aufgelöst werden. Diese Aufgabe übernimmt das Plasmin-System. Das gleichnamige Protein bindet an das Fibrin des Gerinnsels, spaltet es und löst es dadurch auf. Zunächst liegt Plasmin allerdings als inaktives Plasminogen vor. So genannte Plasminogen-Aktivatoren wie tPA und uPA spalten diese Vorstufe und wandeln sie in das aktive Molekül um. Für die weitere Regulation sind die Proteine PAI-1 (plasminogen activator inhibitor) und a2-AP (alpha-2-Antiplasmin) wichtig, denn sie blockieren die Aktivität von tPA und uPA.

Bereits jetzt setzen Mediziner das Protein tPA unmittelbar nach einem Herzinfarkt ein, um das Blutgerinnsel aufzulösen und die Überlebenschancen zu erhöhen. Die Brücke zu Alzheimer lässt sich schlagen, weil "das tPA-Protein auch an das beta-Amyloid Protein bindet", so Steven Estus vom Department of Physiology der University of Kentucky. Nach allgemeiner Ansicht sind Ablagerungen dieses Proteins entscheidend für den Krankheitsverlauf. Die eigentliche physiologische Bedeutung von beta-Amyloid indessen ist noch nicht bekannt.

Die Wissenschaftler mussten also "nur noch" untersuchen, "ob Plasmin das beta-Amyloid ebenso zerstört wie die Fibrin-Gerinnsel und ob es neurotoxisch wirkt", so Estus. Ihre Ergebnisse zeigten dreierlei: Zum einen stimulierte verklumptes beta-Amyloid die Bildung von tPA und uPA. Zweitens zerstörte Plasmin sowohl das zusammengelagerte als auch das freie beta-Amyloid. Und drittens schließlich führte Plasmin anscheinend nicht zu direkten Schäden im Gehirn (The Journal of Neuroscience, 1. Juni 2000). In diesen Zusammenhang passen auch ältere Studien, die gezeigt haben, dass das tPA hemmende Protein PAI-1 bei der Alzheimerschen Krankheit in höheren Mengen vorliegt. Das Gleiche gilt für Entzündungen, einem verbreiteten Symptom bei Alzheimer.

"Mit diesen Ergebnissen und früheren Arbeiten können wir nun ein Modell für die Entwicklung der Alzheimerschen Krankheit vorschlagen", sagt H. Michael Tucker, ein weiteres Mitglied der Arbeitsgruppe. Demnach führt die Entzündung zu einer Erhöhung des tPA-Hemmers, wodurch wiederum weniger beta-Amyloid Ablagerungen abgebaut werden und es zu weiteren Entzündungen kommt. Ein Teufelskreis entsteht.

Möglicherweise lässt sich das tPA aber so verändern, dass es auf das Gehirn wirkt und die Kaskade auslöst, durch die letztlich die für die Krankheit typischen Ablagerungen abgebaut werden. Bis dahin werden die Wissenschaftler aber noch einige Experimente ausführen müssen.

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