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News: Plasmodium im Profil

3000 Kinder sterben täglich an Malaria, Millionen von Menschen werden jährlich neu infiziert, und noch immer hat die Medizin kein wirklich wirksames Gegenmittel zur Hand. Vielleicht hilft ihr die Analyse der Genaktivität des Parasiten, aufgeschlüsselt nach verschiedenen Entwicklungsstadien, nun einen entscheidenden Schritt weiter.
<i>Anopheles gambiae</i>
Drei große Phasen lassen sich im Leben eines Malaria-Erregers unterscheiden, und zwei Wirte braucht er dafür: Mücke und Mensch. Innerhalb dieser einzelnen Abschnitte gibt es noch eine ganze Reihe von Zwischenschritten, in denen sich Plasmodium falciparum an die besonderen Gegebenheiten seiner Umgebung anpassen muss, sei es nun Mückendarm, menschliche Leberzelle oder menschliches rotes Blutkörperchen. Die Proteinausstattung im Innern der jeweiligen Stadien dürfte also ein charakteristisches Muster aufweisen.

Jene Muster aufzudecken, war Ziel der Forscher um Karine Le Roch vom Scripps Research Institute: Sie wollten ein "Transkriptom" erstellen. Der Genschatz des Parasiten, im Jahr 2002 vollständig entziffert und mit etwa 26 Megabasen nicht besonders groß, umfasst die Bauanleitungen für etwa 5300 Proteine, von denen mindestens 2391 auch tatsächlich in mindestens einem der Entwicklungsstadien abgelesen werden – so viel wusste man bisher aus massenspektrometrischen Untersuchungen.

Le Roch und ihre Kollegen rückten dem Erbgut des Erregers nun mit einem DNA-Chip zu Leibe, auf dem sie 500 000 verschiedene einsträngige DNA-Schnipsel und entsprechende Kontrollen montierten, und zwar sowohl von informationstragenden, also aus einem Gen stammenden Sequenzen, als auch von nicht codierenden Regionen. Dann isolierten sie aus neun verschiedenen Lebensaltern des Parasiten den RNA-Bestand der Zellen, also die Abschrift des genetischen Bauplans, die jener in dem Moment offenbar zum Leben braucht, und schickten die Moleküle über den DNA-Chip. Wo RNA und DNA zueinanderfanden, war klar: Dieses Gen wird in diesem Entwicklungsstadium abgelesen.

Insgesamt ermittelten die Forscher 4557 Gene, die in mindestens einem Stadium des Lebenszyklus abgelesen werden. 602 Erbanlagen blieben in den untersuchten Proben allerdings still – sie kommen wohl in anderen Phasen zum Zuge, die hier nicht analysiert wurden.

Wie zu erwarten, entdeckten die Forscher ganze Gruppen, die nur zu bestimmten Zeiten angeschaltet, sich sonst aber ruhig verhalten. Viele Gene, die zur selben Zeit und im selben Ausmaß aktiv waren, codierten für Proteine mit ähnlichen Aufgaben. Daraus schlossen die Forscher, dass auch Gene mit bisher noch unbekannter Funktion, aber einem übereinstimmenden Muster, wohl enge Kollegen der bekannten Verteter sein dürften, also ebenfalls vergleichbare Arbeiten übernehmen. Auf diese Weise konnten Le Roch und ihr Team etwa 1000 Proteinen eine Funktion zuordnen.

Zu den aktivsten Genen gehörten für den gesamten Lebenszyklus betrachtet vor allem die Bauanleitungen für die Proteine der Ribosomen und des Glucose-Stoffwechsels. In der Phase, die in den roten Blutkörperchen verbracht wird, melden sich vor allem Gene zu Wort, die für Membranproteine codieren: Sie sind entscheidend für die Parasiten, um neue Wirtszellen erobern zu können.

Genauer auf die Spur kamen Le Roch und ihre Kollegen auch jenen Genen, mit deren Hilfe der Parasit die verräterische Proteinbestückung auf der Außenseite infizierter Zellen verändern und sich damit vor dem Immunsystem tarnen kann. So stellten die Forscher beispielsweise fest, dass, obwohl der Erreger mehrere Varianten eines bestimmten Gens – des var-Gens – besitzt, nur eines davon in wirklich beachtlichem Umfang abgelesen wird.

Für die Forscher ist ihr Profil nur der erste Schritt – schließlich haben sie, so schränken sie ein, teilweise nur Parasiten aus Zellkulturen verwendet, die womöglich andere Muster zeigen als tatsächlich aus infizierten Mücken oder Menschen isolierte Stämme. Ihre Methode aber ist geeignet, nun weitere Einflussfaktoren zu untersuchen: Wie verändern sich die charakteristischen Ablesemuster, wenn Plasmodium unter Stress gerät – durch Chemikalien beispielsweise wie Medikamente? Und auch die Wirkung neu entwickelter Substanzen lässt sich damit direkt am Erreger zeigen. Ganz abgesehen davon, dass der nun eröffnete Fundus an Genen, denen eine Funktion zugeordnet werden konnte, auch neue Ansatzpunkte für die Medikamentenentwicklung bietet.

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