Kontinentaldrift: Platte auf der Überholspur
Die aktive Beobachtung der Plattentektonik ist nichts für Ungeduldige, bewegen sich die einzelnen Kontinente während eines Menschenlebens doch recht langsam - selbst wenn sie wie einst Indien beschleunigt driften. Warum der Subkontinent zwischenzeitlich sein relatives hohes Tempo vorgelegt hat, können Forscher nun vielleicht erklären.
Vor rund fünfzig Millionen Jahren ereignete sich auf der Erde ein gewaltiger Auffahrunfall. Denn Indien rammte auf seinem Weg nach Nordosten Eurasien, und wie bei einem echten Crash verformte sich viel Material: Der Himalaja türmte sich als Kollateralschaden auf und bildet heute das höchste Gebirge des Planeten. Aufgrund der Lage und Transportrichtung beider Kontinentalplatten war eine Kollision unvermeidlich, selbst wenn der heutige Subkontinent Indien nicht mit vergleichsweise überhöhter Geschwindigkeit auf seiner Bahn unterwegs gewesen wäre.
Was trieb Indien an? Zwei widerstreitende Denkmodelle stehen sich als Erklärungen gegenüber. Gerade alte Kontinente oder zumindest ihr stabilen Kerne – die so genannten Kratone – reichen dick und tief in den Erdmantel hinein. Mehr als 250 Kilometer mächtig kann so eine Wurzel werden. Nach Meinung der einen Forscher-Fraktion beschleunigen sich dadurch die Kontinente, da Konvektionsströme im Mantel sie an diesem kielartigen Fortsatz effektiver voranziehen können. Genau umgekehrt argumentierten die Opponenten dieser These: Die Platte kommt umso schneller voran, je flacher der Kiel reicht, weil nun oberflächennahe tektonische Kräfte stärker wirken – eine Ansicht, die von neuen Erkenntnissen der Wissenschaftler um Rainer Kind vom GeoForschungszentrum (GFZ) in Potsdam gestützt wird.
Mit Hilfe einer neu am GFZ entwickelten seismischen Methode maßen sie den vertikalen Durchmesser verschiedener Kontinente. Demnach sind Afrika, Australien oder die Antarktis zwischen 180 und 300 Kilometer dick, während die Lithosphäre unter Südasien nur 80 bis 100 Kilometer tief reicht, obwohl ihre Kratone teils ähnlich alt sind und sie alle von Gondwana abstammen. Indien war jedoch nicht immer so schlank: Diamanthaltige Kimberlite deuten an, dass die Erdkruste hier vor dem Auseinanderbrechen Gondwanas ähnlich dick gewesen sein musste wie bei den anderen Relikten, denn dieses Gestein und seine edlen Begleiter entstehen normalerweise erst ab 140 Kilometer Tiefe im Bereich des Oberen Erdmantels.
Durch den Verlust seines Kiels wurde Indien während der Kreidezeit beschleunigt, weil Subduktion die Platte nun schneller in eine bestimmte Richtung zog oder neu gebildetes Krustenmaterial an einem ozeanischen Rücken sie rascher Richtung Eurasien drückte. Der Zusammenstoß mit diesem Plattengiganten konnte Indien allerdings nur bremsen, nicht gänzlich aufhalten: Immer noch drückt Südasien mit fünf Zentimetern pro Jahr ins Innere Asiens – und beult den Himalaja weiter aus.
Mit immerhin bis zu zwanzig Zentimetern pro Jahr transportierten tektonische Kräfte die Indische Platte gen Eurasien, nachdem ihre alte Heimat Gondwana auseinander gebrochen war. Zum Vergleich: Die anderen Bruchstücke des ehemaligen Großkontinents wie Australien und Afrika waren dagegen bis zu zehnmal langsamer oder blieben fast völlig ortstreu wie die Antarktis. Ähnlich gemächlich ist beispielsweise zudem das Tempo, mit dem sich heute Amerika und Europa auseinander bewegen – es wurde mit jährlich durchschnittlich 1,89 Zentimeter gemessen.
Was trieb Indien an? Zwei widerstreitende Denkmodelle stehen sich als Erklärungen gegenüber. Gerade alte Kontinente oder zumindest ihr stabilen Kerne – die so genannten Kratone – reichen dick und tief in den Erdmantel hinein. Mehr als 250 Kilometer mächtig kann so eine Wurzel werden. Nach Meinung der einen Forscher-Fraktion beschleunigen sich dadurch die Kontinente, da Konvektionsströme im Mantel sie an diesem kielartigen Fortsatz effektiver voranziehen können. Genau umgekehrt argumentierten die Opponenten dieser These: Die Platte kommt umso schneller voran, je flacher der Kiel reicht, weil nun oberflächennahe tektonische Kräfte stärker wirken – eine Ansicht, die von neuen Erkenntnissen der Wissenschaftler um Rainer Kind vom GeoForschungszentrum (GFZ) in Potsdam gestützt wird.
Mit Hilfe einer neu am GFZ entwickelten seismischen Methode maßen sie den vertikalen Durchmesser verschiedener Kontinente. Demnach sind Afrika, Australien oder die Antarktis zwischen 180 und 300 Kilometer dick, während die Lithosphäre unter Südasien nur 80 bis 100 Kilometer tief reicht, obwohl ihre Kratone teils ähnlich alt sind und sie alle von Gondwana abstammen. Indien war jedoch nicht immer so schlank: Diamanthaltige Kimberlite deuten an, dass die Erdkruste hier vor dem Auseinanderbrechen Gondwanas ähnlich dick gewesen sein musste wie bei den anderen Relikten, denn dieses Gestein und seine edlen Begleiter entstehen normalerweise erst ab 140 Kilometer Tiefe im Bereich des Oberen Erdmantels.
Aufgezehrt wurde das Tiefengestein womöglich durch die gleiche Ursache, die auch den Südkontinent teilte. Ein magmatischer Plume – eine besonders heiße Masse geschmolzenen Gesteins aus dem Unteren Mantel, die sich beim Aufstieg nach oben hin verbreitert – führte demnach vor 130 bis 140 Millionen Jahren zum Zerbrechen Gondwanas und schmolz in seinem direkten Einflussbereich die Hälfte von Indiens Wurzel ab. Kleinere Überreste des Plumes glühen noch unter Reunion oder den Kerguelen im Indischen Ozean, der als Folge des Plattenbruchs entstand.
Durch den Verlust seines Kiels wurde Indien während der Kreidezeit beschleunigt, weil Subduktion die Platte nun schneller in eine bestimmte Richtung zog oder neu gebildetes Krustenmaterial an einem ozeanischen Rücken sie rascher Richtung Eurasien drückte. Der Zusammenstoß mit diesem Plattengiganten konnte Indien allerdings nur bremsen, nicht gänzlich aufhalten: Immer noch drückt Südasien mit fünf Zentimetern pro Jahr ins Innere Asiens – und beult den Himalaja weiter aus.
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