Plattentektonik: Der Golf von Suez ist noch überraschend aktiv

Es handelt sich nur um eine winzige Bewegung. Und doch bezeugt sie, dass sich Afrika und Asien im Bereich des Golfs von Suez voneinander entfernen: Mit einer Rate von 0,26 bis 0,55 Millimetern pro Jahr spreizt sich hier das Meer und belegt, dass die Region tektonisch noch aktiv ist. Damit widerlegen David Fernández‐Blanco vom Imperial College London und sein Team Thesen, nach denen das Gebiet bereits vor fünf Millionen Jahren zum Stillstand gekommen sein soll. Es handelt sich weiterhin um eine Riftzone.
Für ihre Arbeit suchten die Geowissenschaftler entlang einer 300 Kilometer langen Strecke am Suez-Rift nach Anzeichen tektonischer Bewegungen wie veränderter Flussläufe oder alter Korallenriffe, die gehoben wurden oder abgesunken sind, was Erosion allein nicht erklären könnte. Dazu analysierten sie auch 300 topografische Profile in digitalen Höhenmodellen. Dabei stießen sie auf eindeutige Höhensprünge bei jungen Gesteinsschichten. Diese bestätigen, dass sich die Verwerfungszonen im Gebiet noch bewegen und Teile der Erdkruste entlang der gesamten Riftzone heben.
Außerdem untersuchte das Team alte Korallenriffterrassen an 25 Standorten: Die Riffe entstanden in verschiedenen Warmzeiten während des Pleistozäns knapp unter dem Meeresspiegel, liegen heute jedoch durchschnittlich 18,5 Meter über dem Golf. Die Forscher führen dies ebenfalls überwiegend auf tektonische Hebungsvorgänge in der Kruste zurück. Aus ihren Daten berechnete die Arbeitsgruppe die Geschwindigkeit von 0,13 Millimetern, mit der sich das Gebiet jährlich noch hebt und der Golf sich gegenwärtig spreizt.
Verglichen mit den zwei bis drei Zentimetern pro Jahr, mit denen sich Europa und Nordamerika voneinander entfernen, ist dieses Tempo sehr überschaubar, aber im Rahmen anderer leicht aktiver Riftzonen. Der Golf von Suez begann sich vor circa 28 Millionen Jahren zu öffnen – damals noch mit höherer Geschwindigkeit. Dabei entstand ein langer und tiefer Riss in der Erdkruste, der zwischen der Sinai-Halbinsel und dem Rest Ägyptens klafft. Der größte Teil der tektonischen Aktivität hat sich seitdem in den anderen Arm des Roten Meeres bis hin zum Toten Meer verlagert, wo die Platten ebenfalls auseinanderstreben – als Fortsetzung des Großen Afrikanischen Grabenbruchs, der Ostafrika vom Rest des Kontinents trennen könnte.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.