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News: Platz frei!

Druck verflüssigt Gase und verwandelt Flüssiges in Festes, weil die Moleküle enger zusammen rücken. Dadurch geben sie Platz frei, und der Stoff komprimiert sich. Doch so genannte superhydratisierte Zeolithe trotzen dem Druck: Anstatt zu schrumpfen vergrößern sie sich. Diese Eigenschaft könnte sie zu molekularen Schwämmen machen.
Den Aggregatzustand von Stoffen kann man durch Temperatur und Druck steuern. Dabei wirken erhöhter Druck und gesenkte Temperatur in der Regel in die gleiche Richtung. Beispielsweise ist Wasser über 100 Grad Celsius normalerweise ein Gas (Wasserdampf), bleibt aber im Dampfkochtopf auch bei 110 Grad Celsius noch flüssig, weil es dort unter Druck steht. Dagegen gibt es auch Exoten, die sich genau umgekehrt verhalten und ihr Volumen unter Druck vergrößern. Dieses Verhalten haben Yongjae Lee und seine Mitarbeiter am Brookhaven National Laboratory und an der University of Birmingham jetzt bei Zeolithen entdeckt. Die Wissenschaftler versprechen sich davon nützliche Anwendungen etwa beim Binden von Schwermetallen.

Zeolithe sind aluminium- und siliciumhaltige Mineralien, die sowohl in der Natur vorkommen als auch chemisch synthetisiert werden. Mikroskopisch betrachtet bestehen sie aus Tetraedern, die an den Ecken verbunden sind und ein Netzwerk bilden. In diesem Gerüst gibt es Nanoporen, in denen kleine Ionen oder Moleküle Platz haben. Wie in einem Käfig sind die Teilchen dort eingeschlossen, können ihren Platz aber mit anderen tauschen. Versetzt man etwa kalkhaltiges Wasser mit Zeolithen, so machen Natriumionen ihren Platz im Mineral für Calciumionen frei und entziehen sie damit dem Wasser. Auf diese Weise übernehmen Zeolithe im Waschmittel genau die Funktion, die früher das Phosphat inne hatte.

Die Forscher untersuchten das Verhalten eines speziellen Zeoliths in einer Ambosszelle. Dabei handelt es sich um eine kleine Kammer, die von zwei Diamanten begrenzt ist. Durch das Zusammendrücken der Diamanten baut sich ein enormer Druck auf. Damit sich dieser gleichmäßig auf den Zeolithen verteilen kann, gibt man etwas Wasser in die Zelle. Mittels so genannter Röntgen-Pulverdiffraktometrie beobachteten die Wissenschaftler, dass sich der Stoff zwischen 0,8 und 1,5 Gigapascal ausdehnt. Bei diesem 8000- bis 15000-fachen Atmosphärendruck nimmt das Mineral zusätzliche Wassermoleküle in seine Nanoporen auf, sodass sich sein Volumen erhöht. Das Material enthält jetzt doppelt soviel Wasser wie ein normaler Zeolith und heißt deshalb "superhydratisiert".

"Wenn man den Druck erhöht und das Material größer wird, werden auch die Poren größer", sagt Joseph Hriljac, Mitarbeiter des Projekts. Das könnte der Schlüssel zu einer ersten Anwendung sein: In die vergrößerten Poren müssten größere Teilchen passen, etwa Schwermetalle wie Quecksilber, Blei oder radioaktives Strontium. "Wenn man dann den Druck löst, sollte sich die Pore verkleinern und die Schadstoffe einschließen", erwartet Hriljac. Mit diesem Ansatz wollen die Wissenschaftler ihre Arbeiten fortsetzen und hoffen, dass sich der superhydratisierte Zeolith als "molekularer Schwamm" eignet.

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