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News: Plutos eiskalter Begleiter

Astronomen konnten einen ersten genaueren Blick auf Plutos Begleiter Charon werfen, den äußersten Mond unseres Sonnensystem. Er scheint von einer Mischung aus gefrorenem Wasser und Ammoniak überzogen zu sein. Dieses kalte Gemisch unterscheidet sich grundlegend von dem dünnen Eisschild aus Methan, Kohlenmonoxid und Stickstoff, der Plutos Oberfläche bedeckt. Das ist eine Überraschung für viele Astronomen, die angenommen hatten, Pluto und Charon bildeten einen Doppelplaneten.
Pluto und Charon umkreisen einander alle 6,4 Tage einmal in einer Distanz von 20 000 Kilometern – das ist nur ein Zwanzigstel des Abstands von der Erde zum Mond. Diese enge Pirouette macht es den Wissenschaftlern sehr schwer, Charon zu untersuchen, und verschleierte seine Existenz bis ins Jahr 1978. Gewöhnlich verschwimmen die Konturen der beiden Himmelskörper sogar in leistungstarken Teleskopen miteinander.

Außergewöhnlich gute atmosphärische Bedingungen im Mai 1999 am W. M. Keck Observatory in Hawaii erlaubten es Michael Brown vom Californian Institute of Technology in Pasadena jedoch, die von Pluto und Charon kommenden Lichtstrahlen besser als jemals zuvor zu trennen.

Zusammen mit Wendy Calvin, einer Spektroskopie-Expertin von der University of Nevada in Reno, analysierte er das Infrarot-Spektrum von Charons äußerer Schale. Dabei entdeckten sie, daß seine Oberfläche weitgehend von kristallinem Wassereis überzogen ist, recht gewöhnlich für Monde des äußeren Sonnensystems (Science vom 7. Januar 2000). Eine interessante Unregelmäßigkeit in einem Teil des Spektrums verlangte aber nach weiterer Erklärung. Um den den den Grund für das lokale Minimum zu identifizieren, verglichen sie das Spektrum mit einer Reihe von Vergleichssubstanzen wie häufiger Minerale, Moleküle und Elemente im Sonnensystem. Dabei fiel die große Ähnlichkeit mit einem Substanzgemisch aus Ammoniak und Ammoniumhydrat auf. Solche Substanzgemische hatten Astronomen bisher nur in Kometen beobachtet.

Nach Ansicht der Wissenschaftler schlug in einer frühen Entwicklungsphase unseres Sonnensystems ein großer Himmelskörper auf Pluto ein, Bruchstücke dieses Absturzes verschmolzen dann später zu Charon. Durch die enorme Energie, die während des Aufprall freigesetzt wurde, bildeten sich auf seiner Oberfläche Vulkane, die den Mond mit einer matschigen Masse aus Ammoniak und Wasser bedeckten. Als Charon nach einiger Zeit auskühlte, gefror er zu einem kristallinen Körper. Den fünfmal größeren Pluto überzieht eine Decke aus Methan, Kohlenonoxid und Stickstoff, als dünne Atmosphäre und Bodenfrost, sagt Brown. Charons Anziehungskraft sei hingegen viel zu schwach, um solch flüchtige Gase zu halten.

Der Planetologe Eliot Young vom Southwestern Research Institute in Boulder, Colorado, ist von der Ammonniak-Eis-Entdeckung noch nicht vollständig überzeugt. "Es lohnt sich sicherlich weiterzuforschen. Doch ist es ziemlich schwierig, eine so große Anzahl von Substanzen zu überprüfen, wenn man damit einen so kleine Mulde im Spektrum treffen möchte." Gleichwohl freut sich Young darauf, mehr über Charons Zusammensetzung zu erfahren. "Wenn man darauf aus ist, etwas über das frühe Sonnensystem zu lernen, dann sind Pluto, Charon und Kometen die besten Kandidaten für eine Untersuchung."

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