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News: Poröses Silicium als Helfer in der Biochemie

Was zunächst wie ein Ärgernis für die Computerchip-Industrie gewirkt haben mag, entpuppt sich jetzt als willkommene Hilfe für die biochemische Analyse: Die rauhe Oberfläche des porösen Siliciums und seine Fähigkeit, Licht aufzunehmen und abzugeben machen es zu einer geeigneten Matrix für die Massenspektroskopie - ein Verfahren der analytischen Biochemie.
In Nature vom 20. Mai 1999 beschreiben die an der Purdue University tätige Chemikerin Jillian Buriak sowie Jing Wei und Gary Siuzdak vom Scripps Research Institute wie sich poröses Silicium mit der Massenspektroskopie kombinieren läßt, um die Analyse biologischer Moleküle zu automatisieren und effizienter zu gestalten. Die Technik bietet pharmazeutischen Unternehmen neue Werkzeuge, um kleine Moleküle zu analysieren.

Poröses Silicium ist chemisch identisch mit jenem Silicium, das in vielen Bereichen der modernen Elektronik benutzt wird. Seine Oberfläche ist aber übersät mit kleinen Öffnungen und Poren, die bei Bestrahlung mit UV-Licht dieses Licht absorbieren und emittieren können.

Den Wissenschaftlern ist poröses Silicium seit den 50er Jahren bekannt, als sie herausfanden, daß sich das Material bei der Fertigung nicht immer glatt polieren läßt. Doch erst in den 90er Jahren entdeckte man, daß dieses "rauhe" oder poröse Silicium photolumineszente Eigenschaften aufweist. 1991 erkannten die Wissenschaftler, daß es außerdem Licht emittiert, wenn ein elektrischer Strom angelegt wird – eine Erkenntnis, die den Weg freimachte, Licht und Elektronik in Computern und anderen Geräten miteinander zu kombinieren.

Letztes Jahr ersann Buriak eine Methode, um die Oberfläche des porösen Siliziums zu stabilisieren und es somit widerstandsfähig genug für die Anforderungen einer industriellen Nutzung zu machen. In den ersten Monaten des Jahres 1999 entwickelte sie Techniken, um mit weißem Licht spezifische chemische Reaktionen an der Oberfläche des porösen Siliciums anzutreiben, indem sie unterschiedliche Verbindungen darauf einwirken ließ.

Bei der Erforschung der lichtabsorbierenden Eigenschaften schloß sich Buriak mit Siuzdak zusammen, der mit Hilfe der Massenspektroskopie biologische Molekülkomplexe untersucht. Bei diesem Verfahren spielen Substanzen, die Licht absorbieren – die sogenannten Matrizes –, eine wichtige Rolle. Mit einem Laser wird die Matrix erhitzt, wodurch das zu analysierende Molekül in den gasförmigen Zustand überführt wird.

"Bei der Massenspektroskopie mit biologischen Molekülen besteht ein Trick darin, eine Matrix zu finden, die sowohl mit Biomolekülen chemisch kompatibel ist, als auch Licht in der vom Laser produzierten Wellenlänge absorbieren kann", erläutert Buriak. "Oft muß man bei diesem Prozeß ein wenig nach dem Prinzip von 'Versuch und Irrtum' vorgehen, um die für ein spezifisches Molekül passende Matrix zu finden."

Wie Buriak und Siuzdak herausfanden, übersteht poröses Silicium nicht nur die besonderen chemischen Bedingungen, die für organische Moleküle notwendig sind, sondern kann auch für sehr viele Biomoleküle anstelle herkömmlicher Matrix-Substanzen benutzt werden. Zu diesen Biomolekülen zählen beispielsweise verschiedene Zucker, Peptide, Medikamente und weitere kleine Moleküle.

Außerdem erzeugte poröses Silicium keine sogenannten Hintergund-Ionen, die sonst als "Rauschen" bei den konventionellen Messungen stören, bemerkt Buriak. "Wir haben gezeigt, daß man eine Anzahl von Matrizes einfach durch poröses Silicium ersetzen kann, und zwar für ein breites Spektrum an Verbindungen", sagt die Wissenschaftlerin. "Dadurch können Forscher vielleicht einige Prozesse automatisieren, die heute noch den Eingriff des Menschen erfordern."

Die neue Technik wird als Desorption Ionization On Silicon (DIOS) bezeichnet. Sie wird auch bei der matrixgestützten Laserspektroskopie kleiner Moleküle verwendet werden können, die vielfach bei der Suche nach neuen Arzneistoffen eingesetzt wird. Bislang stehen Forscher mit konventionellen Matrizes vor dem Problem, "daß sie auf die Verwendung von Molekülen mit einem geringen Molekulargewicht beschränkt [sind], denn die Matrix verursacht merkliche Störungen, infolge derer sie schwer von der Probe zu unterscheiden ist", sagt Buriak. Aufgrund der großen Erfahrung in der Verarbeitung von Silicium für die Computerindustrie dürfte auch die Fertigung des porösen Siliciums keine Schwierigkeiten bereiten.

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