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Selektionsprozesse: Potente Ausstrahlung ist kurzlebig

Soay-Schafidyll

Es stimmt: Je imposanter das Horn, desto potenter der Bock, fassen Susan Johnston und ihre Kollegen von der Edinburgh University nach Feldstudien auf der kleinen Nordseeinsel Hirta zusammen. Das Eiland ist ein Eldorado der Evolutionsgenetiker, die hier Selektionsprozesse in der einheimischen Schafpopulation besonders gut studieren können. Längst hatte sich dabei Offensichtliches gezeigt: Fortpflanzungswillige Schafböcke mit großen Hörnern gewinnen zur Paarungszeit häufiger den Kopfstoßwettstreit um weibliche Tiere gegen schlechter bestückte Kollegen. Zudem zeugen sie dann pro Gelegenheit auch mehr Nachwuchs, dem sie ihre guten Gene mitsamt einer Variante für attraktiv große Hörner schließlich auch vererben. Somit ist mysteriös, warum es trotz ihrer offensichtlichen Nachteile überhaupt noch kleinhornige Böcke gibt.

Wahrscheinlich, so Johnstons Hypothese, haben diese versteckte Vorzüge und machte sich auf eine genetische Spurensuche. Die Forscher untersuchten dazu 1750 Schafe und korrelierten verschiedene Varianten des Horngens RXFP2 nicht nur mit der Größe der Hörner und dem Reproduktionserfolg der einzelnen Tiere, sondern auch mit der Langlebigkeit. Dabei zeigte sich, dass Böcke mit einem oder zwei Kopien der Genvariante Ho+ zwar in der Tat mit größeren Hörnern glänzten und mehr Kinder zeugten, Tiere mit der Alternativvariante Hop dafür aber länger lebten: ihre Wahrscheinlichkeit die harten Winter auf Hirta zu überstehen war besser als die der großhornigen Tiere.

Schafbock-Parade | Eindeutig: Der besonders attraktive Schafbock rechts wird mit seinen ebenso dekorativen wie imposanten Hörnern im Wettstreit um Schafdamen oft die Nase vorn haben. Der linke Bock überlebt dafür mit höherer Wahrscheinlichkeit den nächsten Winter. Am besten ausgestattet könnte ein Schafbock wie der mittlere sein, der heterozygot beide Anlagen trägt.

Insgesamt aber erwies sich der mittlere Weg als goldener Kompromiss: Vor allem heterozygote Tiere mit ihrem Ho+/Hop-Gengemisch erwiesen sich als sowohl ordentlich großgehörnt und potent wie auch gleichzeitig ausreichend langlebig, ermittelten die Forscher. Vor allem solche Tiere tragen das Hop-Allel in die nächste Generation. Wie genau die Erbanlagen übrigens wirken, um so unterschiedliche Dinge wie Hornanatomie und Lebensspanne zu beeinflussen, bleibt vorerst noch unklar, so die Forscher. Beim Mensch regelt ein verwandtes Gen aber ebenfalls so unterschiedliche Dinge wie die Knochendichte und die Geschlechtsentwicklung.

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