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Präsenzpflicht: Erschöpfter am Arbeitsplatz als im Homeoffice

Verpflichten Unternehmen ihre Mitarbeiter, ins Büro zu kommen, erbringen diese deshalb nicht mehr Leistung. Sie fühlen sich aber erschöpfter. Führungskräfte sehen die Sache anders.
Eine Frau sitzt müde an ihrem Arbeitsplatz im Büro. Da hilft wohl auch kein Kaffee mehr.
Eine Frau sitzt müde an ihrem Arbeitsplatz im Büro.

Ob Menschen zu Hause effektiver arbeiten als im Büro – oder umgekehrt –, daran scheiden sich derzeit die Geister. Doch offenbar fühlen sich Angestellte, die vermehrt an den Arbeitsplatz zurückkehren müssen, erschöpfter, als wenn ihnen der Arbeitgeber keine solche verstärkte Anwesenheitspflicht auferlegt. Das ergab eine Befragungsrunde der Konstanzer Homeoffice-Studie im April 2024. Wie Studienleiter Florian Kunze von der Universität Konstanz erklärt, würden Mitarbeiter mit Präsenzpflicht fast doppelt so häufig über Belastungs- und Erschöpfungssymptome klagen wie solche ohne Anwesenheitspflicht.

Kunze und sein Team befragten online 1023 Menschen in Deutschland, von denen 476 nach eigener Aussage Führungskräfte waren. Die Erhebung ist Teil einer Langzeitstudie, die im März 2020 während der Corona-Pandemie begonnen hat.

Gemäß den im Mai 2024 veröffentlichten Ergebnissen scheint sich eine Präsenzpflicht weder positiv noch negativ auf die Leistungsfähigkeit auszuwirken. Die Arbeitnehmer stellen »bei sich selbst kaum einen leistungssteigernden Einfluss der Präsenzarbeit fest«, erklärt Kunze in einer Mitteilung seiner Universität. Allerdings ergab sich ein deutlicher Unterschied bei der Frage, wie erschöpft sie sich fühlten: 38 Prozent mit Präsenzpflicht verspürten eine Belastung und Erschöpfung, während dies bei nur 21 Prozent der Mitarbeiter ohne Anwesenheitspflicht der Fall war.

Allerdings würden laut Kunze bisher ohnehin nur wenige Firmen einen Arbeitsalltag wie in der Zeit vor der Corona-Pandemie anstreben. Von allen Befragten gaben 22 Prozent an, dass ihr Unternehmen eine verstärkte Präsenzpflicht eingeführt habe.

Homeoffice vs. Büro

Verglichen mit den bisherigen Umfragen besteht laut den Forschern weiterhin der große Wunsch, im Homeoffice arbeiten zu können. Auf die Frage, wie viele Tage pro Woche die Mitarbeiter gerne zu Hause tätig sein wollen, lautete die Antwort im Schnitt 2,6 Tage. Im Jahr 2022 lag dieser Wert noch bei fast 3 Tagen, 2023 bei 2,9 Tagen. Führungskräfte sehen die Sache allerdings etwas anders als Angestellte ohne Führungsverantwortung: Erstere halten durchschnittlich 2,5 Tage im Homeoffice für sinnvoll, Letztere würden lieber 2,8 Tage zu Hause arbeiten. 73 Prozent der Teilnehmenden möchten sich aber weder für die eine noch die andere Arbeitsform entscheiden müssen. Sie ziehen es vor, hybrid zu arbeiten, also abwechselnd zu Hause und im Büro tätig zu sein. 18 Prozent wollen ausschließlich von daheim aus arbeiten, neun Prozent nur im Büro.

Grundsätzlich, betonen Kunze und seine Arbeitsgruppe, seien Führungskräfte skeptisch gegenüber dem Homeoffice eingestellt: Arbeitsabläufe würden darunter leiden und die Kollegenschaft würde weniger miteinander kommunizieren und sich schlechter mit ihrem Unternehmen identifizieren. Ein Drittel der Führungskräfte befürwortet daher eine stärkere Präsenzpflicht, aber nur ein Fünftel der Angestellten ohne Leitungsfunktion stimmt dem zu.

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