Direkt zum Inhalt

News: Preiswerte Installation

Es ist eine Binsenweisheit: Pflanzen brauchen Wasser. Damit das Lebenselixier seinen Weg von den Wurzeln zum photosynthetischen Einsatzort in den Blättern findet, muss es über ein Gefäßsystem nach oben transportiert werden. Und die Geometrie dieser Rohrleitungen ähnelt frappierend dem der Blutgefäßsysteme von Mensch und Tier.
Blut ist bekanntlich dicker als Wasser, und so muss das Herz erhebliche Energie aufwenden, um den Lebenssaft bis in den letzten Winkel des Körpers zu pumpen. Denn die Viskosität des Blutes überträgt Scherspannungen auf die Blutgefäßwände, die es zu überwinden gilt. Daher wundert es nicht, dass die Natur möglichst optimale Kreislaufsysteme entwickelt hat, mit minimalen Energiekosten.

Wie wird das erreicht? Der britische Biologe Cecil Murray entdeckte 1926, dass die Geometrie des verzweigten Kreislaufsystems einer festen Regel gehorcht: Die dritte Potenz des Radius der größten Arterie gleicht der Summe der Radien in der dritten Potenz aller Kapillaren. Langer Rede, kurzer Sinn: Die Scherspannungen im gesamten System sind gleich. Diese Regel fand als Murrays Gesetz seinen Weg in die Lehrbücher der Tierphysiologie.

Was Tieren recht ist, muss Pflanzen noch längst nicht billig sein. Denn Murray ging davon aus, dass für das Tier die Flüssigkeit – sprich das Blut – die teuerste Investition ist, an der am meisten gespart werden kann. Das Gesamtsystem sollte also mit einem minimalen Volumen konstruiert werden. Die "Unkosten" für die Gesamtoberfläche, also für die Gefäßwände, fallen dagegen kaum ins Gewicht.

Anders sieht es bei Pflanzen aus: Hier ist das transportierte Gut – Wasser – preiswert zu haben, während die Wände pflanzlicher Rohrleitungen – das Xylem – aufwändig konstruiert werden müssen. Bereits Leonardo da Vinci vermutete daher, dass die Querschnittsflächen im verzweigten Gefäßsystem einer Pflanze immer gleich seien. Pflanzenphysiologen sprechen hierbei vom pipe-Modell.

Doch Katherine McCulloh war sich nicht so sicher, ob das pipe-Modell bei Pflanzen wirklich zutrifft. In mühsamer Kleinarbeit sammelte die Biologin von der University of Utah zusammen mit John Sperry und Frederick Adler zwei Jahre lang Äste, Zweige und Blätter, schnippelte mit der Rasierklinge Querschnitt um Querschnitt und vermaß unter dem Mikroskop die Dimensionen der Gefäße. "Es war schrecklich ermüdend", erinnert sich die Forscherin. "Wir maßen 100 000 Leitungen und werteten sie statistisch aus."

Und dabei ergab sich: Auch Pflanzen halten sich an Murrays Gesetz. Das pipe-Modell ist falsch.

Überraschend an dem Ergebnis ist letztendlich nur, dass Botaniker erst jetzt erkennen, was Zoologen schon längst wussten. Auch Pflanzen müssen ihr Gefäßsystem möglichst optimal gestalten, denn eine größere Wassermenge bedeutet schließlich auch eine höhere Photosyntheserate. "Wenn Sie als Installateur eine Wasserleitung bauen, wollen Sie möglichst viel Wasser pro Energieeinheit bei minimalen Materialkosten transportieren", erklärt John Sperry. Gefragt – und auch gefunden – ist das billigste und effektivste Leitungssystem.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.