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Trinkwassergewinnung: Preiswertes Entsalzen durch Elektroschock

Strom hilft schon lange beim Entsalzen und Reinigen von Meerwasser - teure Filter und Membranen brauchte man aber trotzdem. Außer, sagen Forscher nun, man entsalzt per Schockwelle.
Meersalz

Ingenieure des MIT haben eine neue Methode der Entsalzung vorgestellt, mit der sie einmal preiswert und effizient Trinkwasser aus dem Meer gewinnen möchten. Anders als andere Entsalzungsanlagen basiert das Konzept der Forscher dabei nicht auf einer Elektro-Osmose oder Membranfiltern. Stattdessen möchte das Team salzhaltiges und Süßwasser mit Hilfe eines explosionsartig in strömendes Wasser eingeleiteten Dampfstrahls sauber trennen können – und dabei sogar Strom und Kosten gegenüber gängigen Verfahren sparen.

Die Physik hinter dem System der so genannten Schock-Elektrolyse ist teilweise noch unverstanden und beruht auf mikrofluiden Effekten. Dabei wird das zu entsalzende Wasser durch eine Fritte geleitet – also eine Art Glaskügelchenpulver –, die als mittlere Schicht zwischen Elektroden liegt. Wird Strom angelegt, entstehen im Wasserkörper lokal ionenreiche und -arme Bereiche. Erhöht sich die Stromstärke, schlägt ab einem bestimmten Punkt eine Schockwelle zwischen den ionenreichen und -armen Wasserlinsen durch und treibt diese durch eine starke Strömungswirkung in verschiedene Richtungen auseinander. Eine feste Trennmembran in einer vorausberechneten Position inmitten der induzierten Strömung hält salziges und Süßwasser dann getrennt, beschreiben die Wissenschaftler um Martin Bazant.

Selektive Filtermembranen, wie sie etwa bei der Umkehrosmose verwendet werden, sind bei diesem System nicht nötig: Das Wasser muss nicht durch Membranen gepresst werden (wobei traditionell Ionen zurückgehalten werden, die Poren aber auch allmählich verstopfen oder verschleißen), sondern nur entlang der Trennschicht fließen. Weil deshalb billigere Materialien genutzt werden können, dürften auch deutlich größere Anlagen funktionieren und sich rechnen. Zumindest die Aufreinigung von kontaminiertem Wasser, wie es etwa beim Fracking anfällt, sollte im industriellen Maßstab möglich sein.

Der Betrieb recht einfach konstruierter, kostengünstiger Anlagen nach dem neuen Prinzip verlange zudem keine besonders gute Infrastruktur: Also sind auch in ärmeren Regionen Meerwasserentsalzungsanlagen denkbar. Die kostengünstige Trinkwassergewinnung aus Meerwasser könnte einmal einer der größten zukünftigen Herausforderungen der Menschheit begegnen helfen: die um sich greifende Wasserknappheit, die schon heute viele Regionen der Erde bedroht. Insgesamt wohl rund 800 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Der fortschreitende Klimawandel verschärft das Problem: Wenn die Erde bis zum Ende des Jahrhunderts um nur zwei Grad über das heutige Niveau steigt – das theoretisch angestrebte, mittlerweile aber als äußerst ambitioniert geltende Ziel –, dürfte dann dennoch rund ein Fünftel der Weltbevölkerung unter erheblichem Mangel an Trinkwasser leiden. Etwa 97 Prozent des Wassers der Erde ist zu salzig, um es zu trinken oder Pflanzen damit zu bewässern, Entsalzungsanlagen gelten in küstennahen Trockengebieten daher als auf lange Sicht unverzichtbar.

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