Direkt zum Inhalt

News: Proteinschau im Mausgehirn

Die Genomforschung war der erste Schritt, nun folgt mit der Proteomik der zweite. Schließlich sind es die Proteine, die in einer Zelle die Arbeit machen - deshalb versuchen Forscher, den Eiweißbestand in Organismen möglichst genau aufzudecken. Ein großes Stück ist nun geschafft: Wissenschaftler in Berlin entschlüsselten das gesamte Proteom des Gehirns von Mäusen.
"Die wahren Akteure der Zelle sind nicht ihre Gene, sondern die Proteine, die von den Genen codiert werden." Im Sinne dieses Zitates von Joachim Klose vom Institut für Humangenetik der Charité machen sich Wissenschaftler weltweit nun daran, nach der Entzifferung des Erbgutes von Organismen die Proteine in den Zellen zu untersuchen und aufzulisten. Denn die Funktionen der Zelle erschließen sich erst, wenn man ihre Proteine kennt.

Auch Klose und seine Arbeitsgruppe beschäftigen sich damit. Als Versuchstier wählten sie die Maus, und machten sich daran, die Gesamtheit der Proteine – das so genannte Proteom – im Gehirn zu bestimmen. Sie verwendeten zwei verschiedene Stämme und verglichen anschließend die Ergebnisse.

Die Forscher verwendeten die so genannte zweidimensionale Gel-Elektrophorese zur Entschlüsselung des Proteoms. Mit ihr lässt sich die Gesamtmenge der Proteine einer Zelle auf einmal aufarbeiten. Das Verfahren trennt die Proteine nach verschiedenen Kriterien wie Größe, Masse, oder Form und elektrischer Ladung, wovon ihre Wanderung im gel-elektrischen Feld bestimmt wird. Zusätzlich kombinierte Kloses Arbeitsgruppe die Gel-Elektrophorese mit weiteren Verfahren zur Identifizierung der Proteine, darunter Massenspektrometrie und Färbemethoden.

Insbesondere jene Proteine, die wahrscheinlich einen Einfluss auf die Entwicklung von Krankheiten nehmen können, erwiesen sich als extrem variabel: 1324 der 8767 Proteine in den beiden Mäusestämmen unterschieden sich in oft erheblichem Maße voneinander. Trotz gleicher genetischer Ausstattung der Gehirnzellen weichen also die Genprodukte, die Proteine, auffallend voneinander ab. Generell wirken sich solche Unterschiede darauf aus, in welcher Stärke sich Erbkrankheiten bei einzelnen Individuen auswirken.

Außerdem, das hat Klose schon vor Jahren an Untersuchungen von Mäuseembryos gezeigt, verändert sich mit der Entwicklung des Organismus auch vielfach die Konfiguration der Zellproteine. Ein verändertes Protein nimmt aber auch eine veränderte Funktion in der Zelle wahr. Hier liegt ein Schlüssel zu vielen Fragen der Entwicklungsbiologie oder auch der Wirksamkeit beziehungsweise Unwirksamkeit von Medikamenten in verschiedenen Lebensaltern.

Überraschender noch erscheint die Erkenntnis von Klose und seinen Mitarbeitern, dass an der Konstruktion des Endproduktes "Protein" mehrere Gene beteiligt sein können. Auch dies macht das Verständnis der Zellfunktionen schwieriger als bisher gedacht. So kann man nicht von der Existenz eines Proteins ohne Weiteres auf die Funktion eines Gens rückschließen. Dennoch erleichtert die Analyse des Proteoms den Einblick in die Funktion unserer Gene.

Neue Erkenntnisse auf diesen Gebieten sind sowohl für die medizinische Wissenschaft als auch für die Pharmaindustrie von großem Interesse. Kennt man nämlich krankmachende Variationen der Proteine, so lassen sich auch passende Substanzen dagegen entwickeln.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.