Psychotherapie: Was den Transfer von der Forschung in die Praxis bremst

Warum kommen manche Erkenntnisse aus der Psychotherapieforschung nicht oder nur mit großer Verzögerung im psychotherapeutischen Alltag an? Das haben Psychologinnen und Psychologen um Nina Schwarzbach von der Universität Groningen in einer Übersichtsarbeit in der Fachzeitschrift »Psychotherapy Research« untersucht.
Das Forschungsteam wertete mehr als 130 Fachartikel aus, die sich mit der »Transferlücke« zwischen Forschung und Anwendung beschäftigen. Ergebnis: Unter anderem entscheiden persönliche Faktoren wie das Alter oder die bevorzugte Therapieschule der Behandelnden darüber, ob evidenzbasierte Psychotherapiemethoden zum Einsatz kommen oder nicht. Jüngere Befragte und solche mit kognitiv-behavioraler Ausrichtung neigen laut Studien eher dazu, aktuelle Erkenntnisse aus der Psychotherapieforschung zu berücksichtigen. Aber auch strukturelle Barrieren wie Zeitmangel, fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten oder Skepsis gegenüber standardisierten Methoden erschweren die Umsetzung.
Besonders kritisch ist der Analyse zufolge, dass viele Praktikerinnen und Praktiker die Psychotherapieforschung als zu starr und wirklichkeitsfern empfinden. So würden Studiendesigns die Realität in der Psychotherapie kaum abbilden können, da sie oft zu starr seien, um der Komplexität individueller Behandlungsverläufe gerecht zu werden. Die Autorinnen und Autoren plädieren für einen stärkeren Austausch zwischen Forschung und Praxis sowie eine stärkere Berücksichtigung der klinischen Realität in der Wissenschaft. Auch bräuchten Psychotherapeutinnen und -therapeuten bei der Umsetzung evidenzbasierter Verfahren mehr Unterstützung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.