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Ethnologie: Rache ist bitter

© Save America's Forests
Südlich des Flusses Napo, wo das Amazonasbecken an die ecuadorianischen Anden grenzt, ist die Heimat der Huaorani, einem kriegerischen Volk, dessen Aggressivität erst durch die christliche Mission ab 1958 allmählich gezügelt werden konnte. Unter verfeindeten Stämmen waren tödliche Raubzüge die Regel, wobei Menschenopfer über Generationen hinweg blutig gerächt wurden. Der Anthropologe Stephen Beckermann von der Pennsylvania State University und Kollegen haben in den letzten neun Jahren untersucht, wie sich die kriegerischen Auseinandersetzungen auf die Fortpflanzungschancen der Beteiligten auswirkten.

Durch Interviews mit 121 der ältesten Huaorani beiderlei Geschlechts konnten die Forscher die Verwandtschaftsverhältnisse über die letzten fünf Generationen genau rekonstruieren. Zusätzlich gewannen sie Erkenntnisse über die Beteiligung jedes Stammesmitglieds an kriegerischen Auseinandersetzungen. Beides trugen sie in eine Datenbank ein. Die Auswertung zeigte, dass die wildesten Krieger weniger Frauen und Kinder hatten. Im Vergleich zu Individuen, die nicht so oft an Raub- und Rachefeldzügen teilnahmen, erreichte ihr Nachwuchs auch seltener das Jugendalter.

Das widerspricht Beobachtungen von Napoleon Chagnon bei dem Indianervolk der Yanomami aus dem Jahr 1988, wonach besonders erfolgreiche und angesehene Krieger einen Wettbewerbsvorteil bei der Weitergabe ihrer Gene haben. Beckermann und seine Kollegen sehen eine mögliche Erklärung in der unterschiedlichen Tradition beider Völker. So bekämpfen die Yanomami nach Racheakten ihre Gegner längere Zeit nur mit Zauberei. Bei den Huaorani dagegen gibt es keine Unterbrechung der kriegerischen Aktionen, so dass den Helden keine Atempause bleibt, in der sie sich um Frau und Kinder kümmern können.

Christian Tack

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