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Tumorbehandlungen: Radioaktive Strahlung ermöglicht Echtzeitüberwachung bei Krebstherapie

Mit radioaktiver Strahlung lassen sich Tumorbehandlungen nahezu live verfolgen und anpassen. Das gelang nun erstmals bei einem lebenden Tier und weist einen Weg zu präziserer und schonenderer Therapie auch bei Menschen.
Eine 3-D-Darstellung zeigt einen roten, kugelförmigen Tumor, der von einem blauen Laserstrahl getroffen wird. Der Laserstrahl trifft den Körper von links und erzeugt eine Explosion von Partikeln, die sich radial ausbreiten. Der Hintergrund ist schwarz, was den Kontrast zur leuchtenden Explosion verstärkt.
Mit gebündelter Strahlung können Tumoren zielgenau behandelt werden.

Tumoren lassen sich mit Protonen oder schweren Ionen gezielt zerstören. Die geladenen Teilchen vernichten Krebszellen punktuell, ohne das umliegende gesunde Gewebe stark zu schädigen. Dabei muss man die Teilchenstrahlen allerdings präzise steuern: Je nach Körperregion kann es schon schwere Nebenwirkungen haben, wenn man nur wenige Millimeter danebenliegt. Einer Forschungsgruppe ist es nun mit radioaktiver Ionenstrahlung gelungen, einen Tumor nahe dem Rückenmark einer Maus zu behandeln und das Verfahren simultan so gut zu überwachen, dass das Nervengewebe verschont blieb.

Das Team um die Medizinphysikerin Katia Parodi von der Ludwig-Maximilians-Universität München und den Biophysiker Marco Durante vom GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt verwendete dafür Teilchenstrahlen mit dem Kohlenstoffisotop 11C. Einerseits diente diese radioaktive Variante des Kohlenstoffs als Ionenstrahl, dessen schnelle Teilchen im Gewebe abbremsen und den Großteil ihrer Energie an der Stelle des Tumorgewebes deponieren. Dieser Punkt wird als Bragg-Peak bezeichnet. Das schädigt die DNA der Tumorzellen, und diese sterben ab.

Andererseits nutzten die Forschenden den 11C-Strahl als Quelle radioaktiver Strahlung. Bei diesem Zerfall des Kohlenstoffatoms entstehen Positronen, die Antiteilchen von Elektronen. Antimaterie und Materie vernichten sich, und es werden Lichtteilchen frei, die in genau entgegengesetzte Richtungen fliegen. Ein PET-Scanner (Positronenemissionstomografie) erfasste dieses Signal, und es ließ sich präzise bestimmen, wo im Körper der Ionenstrahl lag.

Das ermöglichte dem Team, die Therapie kontinuierlich zu überwachen und situationsbedingt einzugreifen. Die Bildgebung war lediglich um eine Zeit von 30 bis 60 Sekunden verzögert, die nötig war, um genügend Signale zu sammeln. Die Forschungsgruppe konnte so die Zielregion des Strahls enger an den Tumorrand annähern, die Position der maximalen Strahlungsdosis besser bestimmen – und den potenziellen Schaden für benachbartes gesundes Gewebe reduzieren.

Die im August 2025 in »Nature Physics« vorgestellten Versuche befassten sich mit Knochentumoren bei Mäusen nahe dem Rückenmark und stellten so die Präzision, Effektivität und Sicherheit der Therapie auf die Probe. Das Forschungsteam erreichte eine vollständige Kontrolle des Tumors, ohne Lähmungen und ausgeprägte neurologische Nebenwirkungen.

Den Fachleuten zufolge eignet sich das Verfahren auch für präzise Therapien bei anderen Krankheiten, zum Beispiel um bei Herzrhythmusstörungen gezielt Gewebe zu veröden. 11C hat eine Halbwertszeit von etwa 20 Minuten. Bei zukünftigen Experimenten sollen kurzlebigere Isotope wie 15O und 10C, die 10- bis 60-mal schneller zerfallen, die Bildgebung im PET weiter beschleunigen und die räumliche Auflösung steigern.

  • Quellen
Boscolo, D. et al., Nature Physics 10.1038/s41567–025–02993–8, 2025

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