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Thermodynamik: Rätsel um »eingesperrtes« Wasser gelöst

Was passiert, wenn Wassermoleküle sich auf engem Raum anordnen müssen, war lange umstritten. Nun zeigt sich: Beengte Verhältnisse haben Folgen, die sogar für neue Medikamente relevant sein können.
3D-Darstellung eines Nanoröhrchens mit kugelförmigen Molekülen im Inneren. Die Struktur des Röhrchens besteht aus miteinander verbundenen, dunklen Kugeln, die eine röhrenförmige Anordnung bilden. Innerhalb des Röhrchens befinden sich große, rote Kugeln mit goldenen Kappen, die kleinere, ähnliche Strukturen in der Ferne begleiten. Der Hintergrund ist blau, was den Kontrast zur komplexen molekularen Struktur verstärkt.
In beengten Verhältnissen wie hier im Inneren einer Kohlenstoffnanoröhre wird Wasser in eine energiereichere Struktur gezwungen.

Wassermoleküle, die auf engem Raum eingeschlossen sind, können die Bindung zwischen anderen Molekülen verstärken. Zu dieser Erkenntnis kommt ein Team um Frank Biedermann vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und beantwortet damit eine lange umstrittene Frage in der Chemie. Wie das Team in der Fachzeitschrift »Angewandte Chemie International Edition« berichtet, ist Wasser, das in kleinen Bereichen eingesperrt ist, energiereicher als unter normalen Umständen. Diese Energie wird frei, wenn das Wasser die beengte Umgebung verlässt, und kann auf diese Weise die Bindung zwischen zwei Molekülen verstärken. Der neue Mechanismus legt nahe, dass für Bindungen zwischen Biomolekülen und anderen Stoffen nicht nur die Passform zwischen beiden entscheidend ist, sondern auch, wie gut sie das energiereiche Wasser aus der Bindungstasche verdrängen. Das könnte neue Wege zum Beispiel in der Medikamentenforschung eröffnen.

Enzyme haben oft kleine Höhlen oder Vertiefungen, mit denen sie ganz bestimmte Partnermoleküle binden, andere aber nicht. Wenn diese Bindungstasche nicht besetzt ist, füllen Wassermoleküle den freien Raum aus. Die Rolle dieser Wassermoleküle gab in der Vergangenheit Anlass zu Kontroversen. Denn viele Fachleute vermuteten, dass das Wasser kein passiver Gast ist, sondern die Bindungen zwischen den Biomolekülen verändern kann. Das bestätigte das Team um Biedermann nun anhand des ringförmigen Moleküls Cucurbit[8]uril, das in seinem Inneren verschiedene Moleküle binden kann. In Computersimulationen entdeckten die Fachleute etwas Bemerkenswertes: Das Wasser im Ring ist ungewöhnlich energiereich, und das hat auch Folgen für die umgebenden Moleküle.

Zwar ist Wasser sehr dynamisch und lagert sich permanent um, doch während sich die Moleküle bewegen, orientieren sie sich so, dass Molekülteile mit entgegengesetzten Ladungen aufeinander ausgerichtet sind. Dadurch hat auch flüssiges Wasser eine gewisse innere Ordnung; wenn man es daran hindert, dieser Ordnung zu folgen, gewinnt es an Energie. Genau das passiert in eng umgrenzten Bereichen wie dem Ring von Cucurbit[8]uril oder den Bindungstaschen von Enzymen. Diese Wasserstrukturen mit höherer Energie können, so die neue Erkenntnis, einen wichtigen Beitrag zur Bindungsstärke bei einer großen Vielfalt von Biomolekülen und Materialien leisten. Wenn nämlich ein anderes Molekül die Nase in so eine mit energiereichem Wasser gefüllte Höhlung steckt, strömen die beengten Wassermoleküle heraus und geben ihre Energie ab. Sie ziehen das Gastmolekül dadurch in die Bindungstasche hinein. Moleküle, die sich gezielt diesen Effekt zunutze machen, haben deswegen nach Ansicht der Fachleute großes Potenzial in der Medikamentenforschung.

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  • Quellen
Setiadi, J. et al., Angewandte Chemie International Edition, 10.1002/anie.202505713, 2025

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