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Ornithologie: Rätselhaftes Massensterben im Pazifik

An Alaskas Küsten treiben zehntausende Seevögel tot an. Die Ursachen sind noch weitgehend unklar.
Gestrandete Trottellumme

In den letzten Wochen wurden zehntausende Trottellummen (Uria aalge) tot an Alaskas Pazifikküste angeschwemmt: Biologen sprechen von einem der größten Massensterben der Art seit Jahrzehnten – es folgt auf den ersten totalen Ausfall der Brutsaison im Sommer 2015, seit die Kolonien des Seevogels im nördlichsten US-Bundesstaat gezielt kontrolliert wurden. Immer wieder kommt es vor, dass im Winter zahlreiche Trottellummen verendet an den Strand gespült werden, doch neben der Anzahl der betroffenen Tiere überrascht Experten wie Heather Renner vom Alaska Maritime National Wildlife Refuge in Homer dieses Mal auch, wie weit das Phänomen verbreitet ist, denn es betrifft ein riesiges Gebiet vom Prince William Sound bis zur Kodiakinsel. Dazu kommen noch Dutzende Vögel, die hilflos im Landesinneren gefunden und in Rettungsstationen gebracht werden – Trottellummen können von festem Boden aus kaum in die Luft starten.

Über die Ursachen des Massensterbens können die Wissenschaftler bislang jedoch nur spekulieren. Naheliegend ist ein Zusammenhang mit einer Warmwasserblase vor der nordwestamerikanischen Küste, die seit 2013 besteht und mit überdurchschnittlich hohen Temperaturen hier im Pazifik einhergeht. Sie verdrängt Kälte liebende Meeresorganismen nach Norden oder in die Tiefe und greift dadurch wahrscheinlich in die Nahrungskette ein. An ihrem Ende verhungern Seevögel wie die Trottellummen, die von ihren traditionellen Brutkolonien aus länger fliegen müssen, um zu den Fischgründen zu kommen – oder völlig leer ausgehen. Das würde jedenfalls die große Zahl an unterernährten und verhungerten Tieren erklären. Die auch Blob genannte Fläche warmen Wassers hängt wahrscheinlich nicht mit dem Super-El-Niño zusammen, der gegenwärtig weiter südlich die Temperaturverhältnisse durcheinanderbringt: Die Blase entwickelte sich bereits früher und hängt vielleicht eher mit langfristigen Schwankungen der Oberflächentemperaturen im Ozean zusammen. El Niño verschärft die Situation aber womöglich: Nach einem starken Sturm im Dezember mit warmen Südwinden trieben besonders viele tote Lummen an Land. Immerhin: Derzeit ist das Ausmaß des Massensterbens für die Trottellummen noch nicht bestandsbedrohend, die Zahl der bis nach Europa verbreiteten Art wird auf mehrere Millionen Individuen geschätzt.

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