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Ökosystem: Räuberfurcht wirkt sich auf die Nahrungskette aus

In vielen Ökosystemen fehlen die großen Raubtiere - wie etwa hier zu Lande Wolf und Bär. Ein Versuch zeigt nun, wie umfassend der Einfluss der Beutegreifer ist.
Waschbär fürchtet sich

Allein schon durch ihre Anwesenheit greifen Raubtiere in ihr Ökosystem ein: Ihr Geruch und auch ihre Lautäußerung verschrecken Beutetiere und zwingen sie zu einer Verhaltensänderung. Wie sich die von ihnen erzeugte "landscape of fear", zu Deutsch etwa Angstlandschaft, im Detail auswirkt, ist allerdings nicht genau verstanden. Denn in zahlreichen Ökosystemen wurden die großen Spitzenpredatoren ausgerottet.

Ein Team um Justin Suraci von der University of Victoria in Kanada hat deshalb ihren Effekt in einer Feldstudie simuliert. An der Küste der Gulf Islands in der kanadischen Provinz British Columbia haben sie wild lebenden Waschbären Tonaufnahmen von Hunden und Seehunden vorgespielt. Letztere zählen nicht zu den Feinden der Waschbären, die Geräusche wurden darum von den Tieren ignoriert; das Hundegebell hingegen störte die Tiere und reduzierte über einen Monat gemessen die Zeit, die sie für Nahrungssuche aufwendeten, um 66 Prozent.

Auswirkungen offenbarten sich aber nicht nur bei den Waschbären selbst. Auch die Zahl der Krebse, Fische und Würmer, die von Waschbären gefressen werden, stieg im gleichen Zeitraum, während die ihrer Beute wiederum abnahm. Der Zuwachs bei den Krebsen geht wohl weniger auf einen allgemeinen Populationsanstieg zurück, sondern ebenfalls auf eine Verhaltensänderung: Die Tiere meiden Gegenden, in denen sie die chemische Signale von toten Artgenossen entdecken. Mit dem Rückgang der Bejagung durch Waschbären erschienen ihnen die vom Hundegebell beschallten Zonen vermutlich attraktiver.

Die Ergebnisse belegten, wie drastisch sich selbst kleine Änderungen an der Spitze der Nahrungskette auswirken können. "Die wahre Botschaft", sagt Suraci im "New Scientist", "ist aber: Wir brauchen die großen Fleischfresser."

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